„Mama mach das. Du schaffst das!“, war die spontane und einhellige Meinung ihrer Kinder als Daniela Maier zu Hause von ihrer neuen Chance erzählte, beruflich durchzustarten: einer Ausbildung in der Heilerziehungspflege, um mit Menschen mit Unterstützungsbedarf zu arbeiten.
Und trotzdem: Mit 51 Jahren wieder die Schulbank drücken, um in ihrem Traumberuf Fuß zu fassen – für die alleinerziehende Mutter von fünf Kindern war das anfänglich noch schwer vorstellbar. „Ich kann mir ja noch nicht einmal einen normalen Einkaufszettel merken“, erzählt sie lachend. „Wie sollte ich es da schaffen, mir plötzlich eine Fülle von neuen Lerninhalten einzuprägen.“ Und doch sitzt sie nun seit vergangenem September in einer bunt altersgemischten Schulklasse der Ursberger Fachschule für Heilerziehungspflege und lernt für ihre einjährige Ausbildung zur Heilerziehungspflegehelferin.
Und das hat letztendlich den Ausschlag für den Ausbildungsstart gegeben: Daniela Maier bekommt ein Gehalt, das sie früher erst nach Abschluss der Ausbildung bekommen hätte. Möglich macht das das im Jahr 2019 in Kraft getretene Qualifizierungschancengesetz. Es bietet die Chance für alle, unabhängig von Alter und bereits erreichter Qualifikation, leichter umzusatteln auf soziale Berufe. Für Daniela Maier war das sehr wichtig: „Zwei meiner Kinder sind selbst noch schulpflichtig. Mit einem Ausbildungsgehalt würden wir gar nicht über die Runden kommen“, erklärt sie. Die ehemalige Büroangestellte hatte die letzten Jahre als Schulbegleiterin für Kinder mit Assistenzbedarf in der Ursberger Dominikus Schule gearbeitet.
Dort hörte sie von dieser Chance auf den beruflichen Neustart. „Doch selbst nach einem Infotag war ich noch sehr zögerlich“, schildert Daniela Maier ihre Bedenken. „Zwei Tage die Woche ganztags Schule und drei Tage Arbeit in einem Praxisbetrieb erschienen mir schon recht anspruchsvoll. Dazwischen sollte ich ja auch noch lernen und Hausarbeiten schreiben.“ Dass eine Kollegin ihr Mut machte und ihre Kinder hinter ihr standen, gab für Daniela Maier letztendlich den Ausschlag. „Die haben mehr in mir gesehen als ich mir selber zugetraut habe“, staunt sie noch immer. Noch keinen einzigen Tag habe sie seither bereut.
Parallel zu ihrer Schulausbildung arbeitet Daniela Maier im Haus Amalia des Dominikus-Ringeisen-Werks in Krumbach. Dort begleitet sie Menschen mit erworbener Hirnschädigung. Dort bekommt sie jeden Tag die Zerbrechlichkeit des Lebens mit. Mit einem Wimpernschlag kann plötzlich alles anders sein. "Man nimmt da am Ende des Arbeitstages eine große Dankbarkeit mit nach Hause und betrachtet das Leben nochmal mit ganz anderen Augen", sagt sie.
Mit ihren 51 Jahren ist Daniela Maier noch nicht einmal die Älteste in der Klasse und neue Freunde hat sie auch schon gefunden. Auch die Schulleitung und die Lehrkräfte der Schule für Heilerziehungspflege erlebe sie als sehr unterstützend und motivierend. „Und wenn mir doch einmal beim Lernen der Kopf raucht und ich am Arbeitspensum zu knabbern habe, machen meine Kinder mir wieder Mut und fragen mich den Lernstoff ab,“ erzählt sie. „Da dreht sich grade was bei uns in der Familie und das tut uns allen gut.“
Auch Schulleiterin Andrea Burghard ist überzeugt von den Möglichkeiten des Qualifizierungschancengesetzes: „Wir haben mittlerweile zahlreiche Studierende in unseren Kursen, die als Quereinsteiger zu uns kommen. Das breite Alters- und Erfahrungsspektrum unserer Studierenden ist ein Gewinn für den Alltag und das Lernumfeld an unserer Schule.“ Am Freitag, 8. März öffnet sie deshalb die Türen der Ursberger Fachschule und bietet von 14 bis 16 Uhr einen Einblick in die Ausbildungsmöglichkeiten. „Wir freuen uns auf Interessierte, ganz gleich, ob sie bereits einen Ausbildungsberuf erlernt haben oder kurz vor dem Schulabschluss stehen“, sagt Burghard. Denn die Zugangsmöglichkeiten für die ein- und dreijährige Ausbildung sind vielfältig.
Informationsveranstaltung an der Fachschule für Heilerziehungspflege am Freitag, 8. März