Unsere Geschichte
Von 1884 bis heute
Im Jahr 1884 eröffnete der katholische Priester Dominikus Ringeisen (1835-1904) im schwäbischen Ursberg eine "Kretinenanstalt". Er war damit einer der Pioniere in Bayern, der die Unterstützung für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige professionalisierte. Über viele Jahrzehnte trug die St. Josefskongregation, eine von Ringeisen gegründete Ordensgemeinschaft, die Verantwortung für die schnell wachsende Einrichtung. Heute sind wir als kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts an über 30 Orten in Bayern vertreten.
Die wichtigsten Meilensteine
Die St. Josefskongregation
Dominikus Ringeisen gründete 1897 mit der St. Josefskongregation eine Ordensgemeinschaft. Die Schwestern, die nach der Ordensregel des heiligen Franziskus leben, übernahmen damit die Verantwortung für die große Einrichtung und die Begleitung von Menschen mit Behinderung. Bis zu 1.000 Schwestern waren in der Gemeinschaft tätig und übernahmen alle anfallenden Arbeiten. Um das Dominikus-Ringeisen-Werk für die Zukunft auf ein solides Fundament zu stellen, entschied sich die St. Josefskongregation, die Einrichtung in eine kirchliche Stiftung zu überführen. Diese Stiftung "Dominikus-Ringeisen-Werk" wurde zum 1. Januar 1996 gegründet. Damit gaben die Schwestern die operative Arbeit ab. Heute leben noch rund 80 Schwestern in Konventen in Ursberg, Pfaffenhausen, Breitbrunn am Ammersee und im Krumbad. Im Stiftungsrat, dem Aufsichtsgremium des Dominikus-Ringeisen-Werks, haben die Schwestern bis heute den Vorsitz.
Unsere Geschichte im Überblick
Dominikus Ringeisen - seiner Zeit weit voraus
Am 1. Dezember 1884 eröffnete der katholische Pfarrer Dominikus Ringeisen eine "Kretinenanstalt" im schwäbischen Ursberg. Die ehemalige Reichsabtei des Prämonstratenserordens, die 1802 nach rund 600-jähriger Klostertradition säkularisiert worden war, diente ihm als Ausgangspunkt für seine Vision, Menschen mit Behinderungen eine Heimat zu geben. Er gilt damit als einer der Pioniere der Behindertenhilfe in Bayern. Die Vermutung liegt nahe, dass er sich vom damaligen Regens des Priesterseminars in Dillingen, Johann Evangelist Wagner, inspirieren ließ. Dieser gründete bereits 1847 eine "Taubstummenanstalt" in Dillingen, aus der die heutigen Regens-Wagner-Stiftungen hervorgingen.
Die Nachfrage für Ringeisens Einrichtung war groß in dieser Zeit. Zahlreiche Menschen baten um Aufnahme für sich oder ihre Angehörigen, oft war die Not groß. Um der Überfüllung der Schlafsäle entgegenzuwirken, wurden mehrere große Bauprojekte in Angriff genommen. 1901 wurden der Westflügel des Ursberger Mutterhauses sowie das Haus St. Florian fertiggestellt. Zwei Jahre später das Haus St. Martha und das Krankenhaus St. Camillus. Unter anderem wurden das Schloss in Bad Grönenbach sowie ein ehemaliges Zisterzienserkloster in Maria Bildhausen erworben. Viele dieser Projekte wurden nicht mehr zu Lebzeiten Ringeisens fertiggestellt. Er starb am 4. Mai 1904 in Ursberg. Sein Nachfolger wurde Maurus Gerle. Dieser trat in große Fußstapfen, ging die vielfältigen Aufgaben jedoch klug, mit praktischer Erfahrung und mit unermüdlichem Fleiß an.
Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 setzte ein geheimer Erlass Adolf Hitlers eine beispiellose Mordmaschinerie in Gang. Mittels sogenannter Meldebögen erfasste das Reichsinnenministerium ab diesem Zeitpunkt akribisch Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen. Am 18. und 19. November 1940 wurden aus den Einrichtungen in Kloster Holzen, Pfaffenhausen und Ursberg insgesamt 150 Menschen verschleppt. Insgesamt wurden in den folgenden Monaten bis August 1941 519 Menschen „verlegt“. 379 von ihnen kommen gewaltsam zu Tode. Die meisten von ihnen starben in der Gaskammer der Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz. Vermutlich aufgrund des steigenden Drucks der Bevölkerung auf die Nationalsozialisten und des Protests der Kirchen wurde die „Aktion T4“ am 24. August 1941 offiziell beendet. Die Mordaktionen jedoch gingen unvermindert weiter. Insbesondere durch die sogenannte „Entzugs-Kost“ verhungerten in den staatlichen „Heil- und Pflegeanstalten“ unter anderem in Kaufbeuren und Eglfing-Haar tausende Menschen qualvoll.
Hier berichten wir ausführlich über die Zeit des Nationalsozialismus im Dominikus-Ringeisen-Werk
Nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs und dem Terror der Nationalsozialisten versuchte man auch im Dominikus-Ringeisen-Werk wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren. In Percha am Starnberger See konnten die Schwestern 42 Tagwerk Streuobstwiesen zurückgewinnen, die man während des Dritten Reichs unter Druck hatte verkaufen müssen. Es erschien aufgrund der Erfahrungen aus den Kriegsjahren sinnvoll, den Selbstversorgungsgrad hoch zu halten und auszubauen. Auch in Ursberg und in den Filialen gab es zu dieser Zeit eine rege Bautätigkeit. Auch Sanierungen von alten Gebäuden führten zu mehr Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Nach den Jahren der Entbehrung bemühte man sich, die Freizeit abwechslungsreich zu gestalten. Zu den traditionellen Theateraufführungen gesellten sich Filmvorführungen, ein Freibad an der Mindel wurde errichtet und Ausflüge unternommen.
Nach den Jahren des Wirtschaftswunders stagnierte die Entwicklung des Dominikus-Ringeisen-Werks. Ein wesentlicher Grund war, dass seit den 1950er Jahren die Zahl der Einkleidungen bei der St. Josefskongregation kontinuierlich zurückgegangen war. Mitte der 1960er Jahre blieb der Nachwuchs praktisch ganz aus. Es mussten immer mehr Aushilfskräfte eingestellt werden, die aber, wie die Schwestern auch, meist nicht speziell ausgebildet waren. Der Generalrat der Schwestern fasste deshalb den Entschluss, eine Fachschule für Heilerziehungspflege zu gründen, um den gestiegenen Anforderungen der Behindertenhilfe gerecht zu werden. Zu Beginn der 1970er Jahre begann außerdem die umfassende Generalsanierung der Einrichtung, die das Ziel hatte, den Wohnstandard der Bewohnerinnen und Bewohner deutlich zu verbessern. Die Maßnahme hatte ein Bauvolumen von rund 60 Millionen Mark und wurde erst in den 1990er Jahren abgeschlossen.
Aufgrund der immer stärker zurückgehenden Anzahl von Schwestern in der St. Josefskongregation stand die Leitung der Einrichtung vor schwierigen Entscheidungen. Für die Schwestern wurde es immer schwieriger, die komplette Verantwortung für die Einrichtung zu tragen. Zum 1. Januar 1996 wurde deshalb die kirchliche Stiftung Dominikus-Ringeisen-Werk gegründet. Dies war ein mutiger und richtungsweisender Schritt für die Ordensgemeinschaft. Mutig deshalb, weil sie damit ihr Werk, das sie über 100 Jahre gehegt und gepflegt hatte, aus den Händen gab. Aber auch richtungsweisend, weil sie der Einrichtung damit eine langfristige Zukunftsperspektive ermöglichte. Über den Stiftungsratsvorsitz ist die St. Josefskongregation auch heute noch maßgeblich an den großen Entscheidungen beteiligt, während die Tagesgeschäfte nun durch die Stiftung getragen werden.
Das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 hat große Auswirkungen auf das Dominikus-Ringeisen-Werk: Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft wird mit dem "Projekt Zukunftsentwicklung" ein Dezentralisierungs- und Regionalisierungsprozess angestoßen. In dessen Folge enstehen verstärkt dezentrale Wohnmöglichkeiten in zahlreichen Gemeinden rund um die bestehenden Großstandorte der Einrichtung. 2013 wird die Organisation des Dominikus-Ringeisen-Werk neu strukturiert. Die ehemaligen Filialen in Maria Bildhausen, Kloster Holzen, Breitbrunn am Ammersee und Pfaffenhausen agieren fortan als Gesamteinrichtung auf regionaler Ebene. Die damit entstandenen Regionen "Unterfranken, Landkreis Augsburg Nord, Oberbayern und Unterallgäu werden ergänzt durch die Gesamteinrichtungen Günzburg/Neu-Ulm, Augsburg Stadt/Süd und Allgäu. Auch die Einrichtungen in Ursberg werden zu mehreren neuen Gesamteinrichtungen zusammengefasst.
Die Generaloberin ist die Leiterin der St. Josefskongregation. Sie trägt zusammen mit dem Generalrat die Verantwortung für die 1897 gegründete Schwesterngemeinschaft und wird von ihren Mitschwestern für jeweils sechs Jahre gewählt.
Sr. M. Angelina Martin CSJ | 1897-1933 |
Sr. M. Desideria Braun CSJ | 1933-1941 |
Sr. M. Ernesta Weser CSJ | 1941-1953 |
Sr. M. Mansueta Grübe CSJ | 1953-1965 |
Sr. M. Agia Strell CSJ | 1965-1969 |
Sr. M. Eduardine Rost CSJ | 1969-1976 |
Sr. M. Redempta Brummer CSJ | 1976-1987 |
Sr. M. Evangelista Höfer CSJ | 1987-1999 |
Sr. M. Gunda Gruber CSJ | 1999-2011 |
Sr. M. Edith Schlachter CSJ | 2011-2017 |
Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ | seit 2017 |
Der "Superior" war als Priester über viele Jahrzehnte der spirituelle Leiter der St. Josefskongregation und des Dominikus-Ringeisen-Werks. Seit der Gründung der Stiftung Dominikus-Ringeisen-Werk im Jahr 1996 steht ein Priester als Vorstandsvorsitzender und geistlicher Direktor dem Dominikus-Ringeisen-Werk vor.
Dominikus Ringeisen | 1884-1904 |
Maurus Gerle | 1904-1926 |
Josef Huber | 1926-1934 |
Dr. Anton Luible | 1934-1941 |
Alois Egger | 1941-1949 |
Franz-Xaver Prim | 1950-1970 |
Helmut Mayr | 1977-1979 |
Johannes Keppeler | 1979-1992 |
Johann Wagner | 1992-2004 |
Walter Merkt | 2004-2021 |
Martin Riß | seit 1. Januar 2022 |