Bildungsstandort Ursberg
Text von Schülerinnen und Schülern des Ringeisen-Gymnasiums
Klosterschule
Klosterschule im Mittelalter
Im Mittelalter gab es für Eltern, die ihren Kindern eine Schulbildung ermöglichen wollten, kaum Alternativen zur Kirche und den Klöstern. Diese stellten über lange Zeit die einzigen Bildungsinstitutionen dar. Allerdings war die Schülerausbildung für die Klöster eher eine Nebenaufgabe und wurde teils sogar als lästige Pflicht angesehen.
In den Klosterschulen wurden ausschließlich Jungen ab etwa sieben Jahren unterrichtet. Neben dem eigenen Klosternachwuchs nahmen die Schulen auch externe Schüler auf, mit dem Ziel, sie auf ein Universitätsstudium vorzubereiten. Ein solches Studium war notwendig für Berufe wie Priester, Juristen oder Mediziner.
Die Schüler waren fest in das Klosterleben eingebunden. Sie mussten in der Regel an den acht täglichen Gebeten teilnehmen und während der heiligen Messe singen. Außerdem wurden sie gelegentlich für Hilfsarbeiten in der klostereigenen Landwirtschaft eingesetzt.
Der Unterricht fand vormittags und nachmittags zwischen den Stundengebeten Terz und Sext sowie Non und Vesper statt. Dies bedeutete etwa drei bis fünf Stunden Unterricht pro Tag, wobei an Sonn- und Feiertagen Abweichungen möglich waren. Die Klassen bestanden meist aus 10 bis 20 Schülern, die von einem Ordensmann unterrichtet wurden. Da ältere und jüngere Schüler gemeinsam unterrichtet wurden, spielte gegenseitige Hilfe eine wichtige Rolle.
Die Lehrinhalte umfassten die Septem Artes Liberales (die sieben freien Künste), die sich in zwei Bereiche gliederten: das Trivium – die sprachlichen Grundlagen (Grammatik, Rhetorik, Logik) – und das Quadrivium, das sich mit den mathematischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) befasste. Diese sieben Künste bildeten die Basis für weiterführende Studien in Philosophie, Medizin, Recht oder Theologie. Die Anforderungen waren hoch, und nicht alle Schüler hielten dem Stand; daher brachen viele die Ausbildung vorzeitig ab.
Das Lesen und Schreiben wurde anhand lateinischer Bibelverse oder Gebete vermittelt. Diese konnten die Schüler, wenn überhaupt, erst später übersetzen und verstehen. So blamierte zum Beispiel Kaiser Heinrich II den Bischof von Paderborn, indem er heimlich den Text zur Messe austauschte, ohne, dass der Geistliche dies bemerkte. Der Bischof las den falschen Text vor, ohne seinen Inhalt zu begreifen.
Die jüngsten Schüler begannen den Schreibunterricht mit dem Nachfahren von Buchstaben, die in Holztafeln eingeritzt waren, und übten später auf Wachstäfelchen. Erst danach durften sie mit Feder und Tinte auf das wertvolle Pergament schreiben.
Der Unterricht war stark vom Auswendiglernen geprägt. Fehlverhalten wurde oft mit körperlicher Züchtigung bestraft – etwa mit Rutenschlägen auf den nackten Rücken oder anderen Strafen.
Die Ursberger Klosterschule
Auch in Ursberg gab es eine Klosterschule, über deren Anfänge jedoch nur wenig bekannt ist. Möglicherweise wurde der Schulbetrieb im Hoch- oder Spätmittelalter zeitweise ganz eingestellt, doch gesicherte Informationen dazu sind rar.
Erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts lässt sich unter Abt Thomas Mang (1522–1569) wieder eine Klosterschule in Ursberg nachweisen. Mang engagierte sich nach den unruhigen Jahren des Bauernkriegs (1524–1526) und des Schmalkaldischen Kriegs (1546/47) für den Wiederaufbau des teils zerstörten Klosters. Seine Grabplatte ist noch heute in der ehemaligen Klosterkirche erhalten.
Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618–1648) wurde der Schulbetrieb nach dem Einfall schwedischer Truppen Anfang der 1630er Jahre erneut unterbrochen und erst 1670 wieder aufgenommen.
Im 18. Jahrhundert bestand die Ursberger Klosterschule aus sechs Klassen mit insgesamt etwa 20 Schülern. Der einzige Lehrer war zugleich der Rektor. Gegen Ende des Jahrhunderts genoss die Schule einen ausgezeichneten Ruf und galt als „Musterschule“. Über Jahrhunderte waren Schulräume und Schlafsaal direkt im Kloster untergebracht, doch 1793 zog die Schule schließlich ins Erdgeschoss des heutigen Alten Bräuhauses um.
Mit der Säkularisation kam das endgültige Aus für die Klosterschule: Am 15. April 1803 musste das Schulgebäude final geräumt werden.
Schreiben lernen
„Trockenübungen“ zum Erlernen des Schreibens - Holztäfelchen mit Buchstaben
Bevor die jungen Schüler selbst Buchstaben oder ganze Texte schreiben durften, begannen sie ihre Ausbildung mit „Trockenübungen“. Dafür standen Holztäfelchen bereit, in die jeweils ein Buchstabe des Alphabets tief eingeritzt war.
Die Aufgabe der Schüler bestand darin, diesen Buchstaben immer wieder mit dem Finger nachzufahren. So entwickelten sie ein Gefühl dafür, wie der Buchstabe später mit einer Feder auf Pergament geschrieben werden musste.
Wachstäfelchen – der „Notizblock“ der Antike und des Mittelalters
Wachstäfelchen waren einfache Schreibtafeln aus, die mit einer Schicht Bienenwachs überzogen waren. Sie dienten als wiederverwendbare Schreibunterlage, ähnlich einem heutigen Notizblock. Damit konnten Schüler, die bereits den ersten Schritt ihrer Schreibausbildung abgeschlossen hatten, nun das tatsächliche Schreiben von Buchstaben üben. Praktisch: Hierfür musste kein teures Pergament verschwendet werden, denn die Schreibübungen konnten im Anschluss einfach wieder „radiert“ werden. Die Schreibtafel war somit wieder bereit für die nächsten Übungen.
Wir wurden Wachstäfelchen benutzt?
Schreiben: Zur Nutzung ritzte man mit einem Griffel (Stylus) Buchstaben oder Zeichen in „Abwärtsbewegungen“ in das weiche Wachs.
Radieren: Falls Änderungen nötig waren, konnte man das Wachs mit dem flachen Ende des Griffels glätten und neu schreiben.

Studieren in Ursberg
Die Universität Dillingen (1551 - 1803)
Die Universität in Dillingen wurde 1551 gegründet, um katholische Geistliche und Adlige in Süddeutschland auszubilden. Sie entstand aus dem „Collegium St. Hieronymi“ durch Kardinal Otto Truchsess von Waldburg (1514–1573) und wurde im Jahr 1551 von Papst Julius III. zur Universität erhoben. Ab 1564 übernahmen die Jesuiten die Leitung, bis sie 1773 an das Hochstift Augsburg unter Fürstbischof Clemens Wenzeslaus überging. Im Jahr 1803 wurde die Universität aufgelöst – eine Entscheidung des bayerischen Kurfürsten und späteren Königs Maximilian IV. Joseph.
Das Studium in Ursberg ab 1619
Schon ab 1570 besuchten auch Kleriker aus Ursberg die Universität in Dillingen. Doch die Studiengebühren waren enorm: Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kostete ein Studium rund 150 Gulden pro Jahr und Person – eine unerschwingliche Summe für das vergleichsweise arme Kloster Ursberg. Zum Vergleich: Ein Maurer- oder Zimmerergeselle verdiente damals im Jahr etwa 60 Gulden – also 5 Gulden pro Monat – ein ungelernter Hilfsarbeiter nur etwas mehr als die Hälfte. Zu dieser Zeit bekam man für einen Gulden beispielsweise etwa 7 Pfund Käse, 12 Pfund Karpfen oder 80 Maß Weißbier.
Um seinen Klerikern dennoch eine akademische Ausbildung zu ermöglichen, richtete Abt Vitus Schönheinz (reg. 1617–1628) im Jahr 1619 einen eigenen Studien-Kurs für Philosophie in Ursberg ein. Ab Oktober desselben Jahres konnten zehn Professkleriker dort ihr dreijähriges Studium beginnen – ohne den kostspieligen Weg nach Dillingen gehen zu müssen.
Doch 1632 endeten die Studien abrupt, als schwedische Truppen im Dreißigjährigen Krieg in die Region einmarschierten. Erst 1655 konnten die Kurse wieder aufgenommen werden. Wegen der Kriegsschäden fanden die Lehrveranstaltungen vorerst im „Klösterlein“ auf dem Michelsberg nebenan statt, bis 1673 das „untere“ Kloster wieder aufgebaut war.
Im Laufe der Zeit kamen neben Philosophie auch theologische Kurse hinzu. So gab es in Ursberg bis 1800 fast durchgehend eine akademische Ausbildung für Geistliche – insgesamt rund 180 Jahre lang.
Tagesordnung für das Studium in Ursberg aus dem Jahr 1675
- 5 Uhr Aufstehen
- 6:15 – 8 Uhr: Studium unter strengem Schweigen
- 8 – 9 Uhr: Vorlesung
- Teilnahme am Stundengebet (Terz)
- Nach 10 Uhr: Mittagessen (unter Schweigen)
- 11 – 12 Uhr: Musikübungen und Chorgesang
- Bis 13 Uhr: Pause
- 13 – 14 Uhr: Studium
- 14 – 15 Uhr: Repetitio, also Wiederholung des Vorlesungsstoffes
- 15 – 17:30 Uhr: Studium
- 17:30 – 19 Uhr: Abendessen und Pause
- 19 Uhr: Gesungenes Abendgebet
- 20 Uhr: Bettruhe
- 23:30 Uhr: Aufstehen und Gebet um 0 Uhr
- Ab etwa 01:30 Uhr: Bettruhe


Volksschule und die Neuordnung ab 1806
Die Ursberger Volksschule
Vor der Besetzung durch Napoleon Bonaparte war das Gebiet des heutigen Schwaben in zahlreiche kleine Herrschaftsgebiete zersplittert, die jeweils von unterschiedlichen Herrschern regiert wurden. Jedes dieser Gebiete konnte somit ein unterschiedliches Schulsystem besitzen, was es schwierig macht, ein einheitliches Bild des damaligen Bildungswesens zu zeichnen.
In Ursberg bestand seit dem Mittelalter eine Klosterschule, die vor allem auf ein Universitätsstudium vorbereitete und nur einer ausgewählten Gruppe von Kindern offenstand: dem eigenen Ordensnachwuchs und Kindern vermögender, meist adliger Familien. Elementar- oder Volksschulen, die sich ab dem Spätmittelalter allmählich etablierten, sollten hingegen möglichst vielen Kindern eine grundlegende Bildung ermöglichen. Von einer allgemeinen Schulpflicht war man jedoch noch weit entfernt. Da viele Landwirte ihre Kinder als Arbeitskräfte auf den Höfen benötigten, fand der Unterricht meist nur in den Wintermonaten statt. Gelernt wurden vor allem Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion.
Die Schulbildung war jedoch nicht kostenlos: Die Eltern mussten ein Schulgeld an den „Schulmeister“ (Lehrer) entrichten – in der Regel zwei Kreuzer pro Woche, was etwa dem Wert eines Huhns im 18. Jahrhundert entsprach. In Bayersried, das bereits seit 1139 zu Ursberg gehörte, ist eine solche Volksschule seit Anfang des 17. Jahrhunderts nachweisbar. Eine Besonderheit war, dass ein kleiner Teil der klösterlichen Einnahmen im Pfarrhof verblieb, um das Schulgeld für arme Familien zu übernehmen – ein deutliches Zeichen für den hohen Stellenwert, den Bildung in Ursberg hatte!
Neuordnung durch Napoleon
Nachdem Napoleon Bonaparte den Zweiten Koalitionskrieg für sich entschieden hatte, besetzten französische Truppen ab dem Jahr 1800 das Gebiet Schwabens. Durch ein Bündnis zwischen Napoleon und dem bayerischen Kurfürsten Maximilian IV. Joseph im Jahr 1805 wurde das Königreich Bayern errichtet. Infolgedessen gelangte Schwaben unter die Herrschaft der bayerischen Krone.
Dies führte zu umfassenden Reformen: Wirtschaft, Währung und zahlreiche weitere Bereiche wurden vereinheitlicht – darunter auch das Schulsystem. Ein allgemeiner Lehrplan wurde eingeführt, an den sich alle Lehrkräfte halten mussten, um eine einheitliche Bildung in ganz Bayern zu gewährleisten.
Nach dem Machtantritt von König Ludwig I. wurde das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus gegründet, welches die Bildungspolitik weiter zentralisierte und modernisierte. In diesem Zuge wurde beispielsweise der bei uns in der Region äußerst bekannte Christoph von Schmid (Autor des Kinderliedes „Ihr Kinderlein kommet“) im Jahr 1832 zum königlichen Verwalter des Schulwesens für Schwaben und Neuburg ernannt.


Der lange Schulweg der Mädchen
Heute ist es in vielen Ländern – insbesondere in Deutschland – selbstverständlich, dass Frauen und Mädchen Zugang zu Bildung haben. Doch dieser Fortschritt war das Ergebnis eines langen und mühsamen Kampfes, den frühere Generationen führen mussten.
Rollenbilder und antike Vorstellungen
Das traditionelle Frauenbild war stark von antiken und religiösen Vorstellungen geprägt. Aristoteles etwa bezeichnete die Frau als „misslungenen Mann“. Auch die Bibel wurde genutzt, um die Geringschätzung und Unterdrückung von Frauen zu rechtfertigen. Doch aus heutiger Sicht wissen wir, dass dies nicht haltbar ist, da Jesus sich für Gleichheit einsetzte – auch für die der Frauen.
Über Jahrhunderte hinweg war eine schulische Ausbildung für Frauen nicht vorgesehen. Ihre Rolle war auf das Gebären von Kindern, die Haushaltsführung und den Gehorsam gegenüber ihren Ehemännern beschränkt – eine Vorstellung, die vom Mittelalter bis in die Neuzeit tief in der Gesellschaft verankert war.
Um dieses Rollenbild aufrechtzuerhalten, sollten Frauen möglichst unwissend bleiben und ihr Schicksal nicht hinterfragen. Eine gebildete Frau galt als „aufmüpfig“ oder „eitel“ – Eigenschaften, die als unerwünscht angesehen wurden. Zwar erhielten manche Töchter adeliger Familien durch Hauslehrer oder Gouvernanten Unterricht, doch dieser beschränkte sich meist auf Kunst, Musik und gutes Benehmen.
Neben gesellschaftlichen Zwängen wurden auch vermeintlich körperliche Argumente gegen die Bildung von Frauen angeführt. Man hielt sie für zu schwach und unfähig, ihr Wissen später in verantwortungsvollen Berufen einzusetzen. Daher war es ihnen untersagt, in Regierungsgeschäften mitzuwirken oder geistliche Ämter zu übernehmen – mit Ausnahme des Klosterlebens. Fähigkeiten wie Kriegskunst, Philosophie, Theologie, Politik, Recht oder Technik galten für Frauen als unnötig und wurden als Zeitverschwendung betrachtet. Stattdessen wurden sie auf Sauberkeit, Fleiß, Sparsamkeit und ein zurückgezogenes Leben fernab der Öffentlichkeit vorbereitet.
Bildungsmöglichkeiten für Mädchen im Mittelalter und der Frühen Neuzeit
Eine der wenigen Möglichkeiten für Mädchen, Bildung zu erlangen, war der Eintritt in ein Kloster. Einige Klöster waren im Mittelalter bekannt für ihre gebildeten Nonnen, darunter Hildegard von Bingen (1098–1179) und Mechthild von Magdeburg (1207–1282). Ab dem 17. Jahrhundert entstanden vereinzelt Mädchenschulen, die jedoch vor allem „angemessene“ Fächer wie Haushaltsführung, Religion und Sprachen unterrichteten. Ein Beispiel ist das Ende des 17. Jahrhunderts gegründete Vorgängerinstitut des heutigen Maria-Ward-Gymnasiums in Augsburg.
Der lange Weg zur Gleichberechtigung
Trotz der aufklärerischen und feministischen Bewegungen im 18. Jahrhundert hielt sich die beschriebene sexistische Denkweise lange. Erst nach jahrhundertelangen Kämpfen gelang es Frauen in Deutschland, sich Gehör zu verschaffen: 1893 wurde in Karlsruhe das erste Mädchengymnasium eröffnet – ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung. Dennoch dauerte es bis 1908, ehe Frauen in Deutschland offiziell an Universitäten studieren durften. Heute ist der Anteil an männlichen und weiblichen Studienanfängern nahezu identisch. Dennoch sind nur knapp 29 Prozent (Stand 2023) aller hauptberuflichen Professoren in Deutschland Frauen – der Weg zur Gleichberechtigung ist also auch im Jahr 2025 noch nicht abgeschlossen.


Rechentisch
„Zwei plus drei? Das ist nach Adam Riese gleich fünf.“ Solche oder ganz ähnliche Aussprüche haben die meisten bestimmt schon einmal gehört. Doch wer war besagter Adam Riese? Und was hat dieser mit Mathematik am Hut?
Adam Riese (1492 – 1559) war ein deutscher Rechenmeister, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wirkte. Bekanntheit erlangte er vor allem durch sein Werk „Rechnung auff der Linihen und Federn […]“, wodurch er die vorherrschende Praxis des Rechnens grundlegend prägte und veränderte.

Die Geschichte des Ringeisen-Gynmasiums
