Kloster Irsee/Ursberg / Februar 2024 - Auf Einladung der Bezirksheimatpflege Schwaben nahmen an dem Podiumsgespräch auch die Barrierebrecher aus dem Dominikus-Ringeisen-Werk teil. Gemeinsam mit dem Behindertenbeauftragten des Bezirks Schwaben Volkmar Thumser sowie Stefanie Kautz, der Leiterin des Kulturschlosses in Höchstädt, wurde diskutiert, wie die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Kultur gestärkt werden kann. Unter dem Titel „Armut- Krankheit – Alter. Fürsorge in Schwaben in Stadt und Land“ kamen rund 100 Fachleute zusammen.
Jürgen Reichert, 1. Vorsitzender des Historischen Vereins Schwaben, betonte zum Auftakt, dass Fürsorge ein in Schwaben historisch tief verwurzeltes Thema sei. Dieser Gedanke bildete den Auftakt zu einer Reise durch die Geschichte der Fürsorge, angefangen im Mittelalter bis hin zur Übernahme staatlicher Verantwortung im 19. Jahrhundert. Doch es waren vor allem die persönlichen Geschichten, die den Tag prägten. Regens Wagner und Dominikus Ringeisen sowie andere Pioniere aus Schwaben wurden als Inspiration für heutige Herausforderungen im Sozialbereich genannt.
Marcel Schäfer: Selbsterfahrung ist gut
Beim Podiumsgespräch wurde diskutiert, wie die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Kultur gestärkt werden kann. Stefanie Kautz, Leiterin des Kulturschlosses in Höchstädt berichtet von der Ausstellung „Alles inklusive!“, die sie 2022 ausgerichtet hatte. Dabei hatten Besuchende die Möglichkeit, einen Rollstuhlparcours auszuprobieren, was sowohl positiv als auch kritisch wahrgenommen wurde. Marcel Schäfer, der zum inklusiven Social Media-Team der „Barrierebrecher“ gehört und selbst im Rollstuhl sitzt, kann die negativen Stimmen jedoch nicht verstehen. Er findet es gut, wenn Menschen diese Selbsterfahrung machen; das baut Hemmschwellen gegenüber Rollstuhlfahrenden ab. Schäfer selbst geht offen mit seiner Krankheit und dem Thema Rollstuhl um. Er freut sich, wenn ihn Menschen darauf ansprechen und so mit ihm ins Gespräch kommen.
Stefanie Kuntz: Nicht über, sondern mit Menschen sprechen
Für Stefanie Kautz ist genau das der springende Punkt: „Wichtig ist, dass wir nicht über, sondern mit Menschen mit Behinderung sprechen.“ Ähnlich sieht es auch Michael Stadler, Projektleiter der „Barrierebrecher“. Für ihn ist es wichtig, dass Menschen ihre persönlichen Geschichten erzählen können. Volkmar Thumser, Behindertenbeauftragter des Bezirks Schwaben und Vater einer Tochter mit Down-Syndrom, ergänzte: „Am besten kommt man mit Menschen mit Behinderung jedoch nicht in einem Museum in Kontakt, sondern im Alltag.“
Helmut Wieser: Einfache Sprache in Museen
Die Diskussion mündete in praktische Vorschlägen. Helmut Wieser, „Barrierebrecher“ mit Lernschwäche, sprach sich für einfache Sprache und gut lesbare Texte in Museen aus. Dazu gehöre nicht nur der Schreibstil, sondern auch die Schriftgröße und die Höhe des angebrachten Texts. Auch Exponate, die man sowohl anschauen als auch anfassen dürfe, tragen zu einem besonderen Erlebnis bei, ist Wieser überzeugt.
Volkmar Thumser: Es braucht viele Projekte
Für Thumser ist klar, dass es nicht eine Lösung für alle gibt: „Ein Projekt erreicht nie alle. Es braucht viele Projekte, um alle zu erreichen“. Stefanie Kautz fasste zusammen: „Das Ziel ist nicht, für alle barrierefrei zu sein, sondern für möglichst viele barrierearm.“
Landesausstellung 2027: „Gesundheit. Schwaben hilft und heilt“
Am Ende des Tages zog Gastgeber Christoph Lang ein Fazit: „Viele wichtige Impulse der Fürsorge gehen von Schwaben aus. Schwaben ist ‚der soziale Bezirk‘.“ Diese Ansicht teile auch das Haus der Bayerischen Geschichte, wie Historiker Lang betonte. Er warf zudem einen Blick in die Zukunft: Die Bayerische Landesausstellung 2027 wird unter dem Arbeitstitel „Gesundheit. Schwaben hilft und heilt“ in Dillingen und Ursberg stattfinden wird, den beiden Orten also, in denen sowohl Regens Wagner als auch Dominikus Ringeisen als Pioniere des sozialen Schwabens gewirkt und ihre Spuren bis heute hinterlassen haben.