Prämonstratenser

Text von Holger Lauerer

Der Prämonstratenser Orden

Wenn man den Prämonstratenser Orden oder „die weißen Brüder“ (bezogen auf das Ordensgewand) von außen betrachtet, so ist es im Vergleich zu den bereits bestehenden „alten Orden“ der Benediktiner und Zisterzienser sowie den etwas später entstehenden Bettelorden der, Franziskaner und Minoriten, etwas komplett Neues.

Ein Orden aus der Retorte, völlig neu entworfen und konzipiert…
Schrift des Kosters Roggenburg

Predigt, Unterricht und Pfarrseelsorge

So wie einst die Gemeinschaft der Priester um Bischof Augustinus von Hippo im Gedenken an das Leben und Tun der Apostel basierte, richtete sich der neue Orden vornehmlich an die zweitgeborenen des Wehrstandes – mit gewissen kulturellen Grundkenntnissen und ggf. ersten Weihen. Was Mitglieder des Nährstandes (Bauern und Bürger) nicht davon abhielt als Konversen in die neue Gemeinschaft einzutreten.

Die Norbertiner und alle [Regularkanoniker], die ein gemeinsames Leben führen, sind Mönche. In der Tat unterscheidet sich das Propositum [lat. Vorhaben] der Regularkanoniker deutlich von dem der Mönche der Benediktinerregel. […] Nicht größtmögliche Askese [war ihr Ziel], sondern gemeinschaftliches Leben ohne Besitz um glaubwürdiges Vorbild zu sein, um die Freiheit zur Seelsorge zu gewinnen.
Zeitzeuge Idnung von Prüfening in seiner Schrift „Dialog zweier Mönche“ (1160) zum neuen Prämonstratenser-Orden

Entwicklung der Ordensgemeinschaft

Nach der Gründung 1121 in Premontre und dem Wechsel Norberts 1126 nach Magdeburg, löste die neue Ordensgemeinschaft eine Welle von Neugründungen und Übergaben von anderen Gemeinschaften aus, die durch Nord- und Mitteleuropa schwappte. Bereits 1125 erreichte die Welle den Standort Ursberg.

Die Geschwindigkeit war auch der Tatsache geschuldet, dass – von Premontre und einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – die benötigten Immobilien bereits vorhanden waren und nur übergeben oder gestiftet wurden.

Man unterscheidet drei Gründungsmöglichkeiten:

  • Bischöfliche Gründung z.B.: Premontre, Freising, Schäftlarn
  • Gründung durch Landesherren, Könige und Herzoge
  • Gründung auf Adelsgütern (meist ohne Nachfahren) als Hauskloster mit Einflussnahme der Gründungsfamilie als Vogtei

In den ersten 13 Jahren bis zum Tod Norberts 1134 entstanden 68 Klöster, denen bis zum Ende des Jahrhunderts noch 138 Klöster folgten.

Nach der Gründung bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts waren in Europa über 500 eigenständige Klöster (Kanonien) verzeichnet. Diese Entwicklung ging allerdings bis zur Reformation im 16 Jhd. stetig zurück.

Hatte sich die Anzahl im 16. Jhd. bereits auf 250 Klöster halbiert, so regulierte sich die Anzahl nach der französischen Revolution und der einhergehenden Säkularisation auf unter 30 Klöster.

Heute (Stand 2020) gibt es weltweit rund 80 Prämonstratenser-Klöster, davon 40 außerhalb Europas.

Die Grundlegende Ausrichtung des Ordens auf den „Wehrstand“ bzw. den „ausgebildeten Klerus“ wurde den Gemeinschaften in der kaiserlosen Zeit ab 1266 und der damit einhergehenden Wirtschaftskrise zum Verhängnis. Große Teile des Landadels verarmten und die sich neu ausbreitenden „Mendikantenorden“ (Bettelorden, z.B. Franziskaner) zogen die Konversen ab, so dass das Wachstum und die Konventgrößen stagnierten bzw. rückläufig wurden.

Organisationsstruktur der Ordensgemeinschaft:

Der Nähe zu Bernhard von Clairvaux, den geistigen Vater des kurz vorher entstandenen Zisterzienserordens, geschuldet, übernahmen die Klöster um „Probst Hugos von Foss“ „bewährte Organisationsstrukturen der Zisterzienser“ für ihre eigene Gemeinschaft:

A. Das Generalkapitel

Jährliches Treffen aller Äbte in Premontre, der Mutter aller Klöster, mit den Zielen:

  • Festlegung der Gebräuche
  • Gegenseitige Besuche
  • Wiederherstellung der Lebensordnung
  • Festigung des Friedens
  • Bewahrung der gegenseitigen Liebe

B. Die Visitationen

Jährliche Visite des Vaterabtes in den Töchterklöstern zur Durchsetzung der uniformen bzw. einheitlichen Lebensordnung.  Später wurden die Visiten durch eine Wirtschaftsprüfung erweitert.

C. Der Einsatz von Konversen 

Konversen (Conversi) sind Laienbrüder die keine Weihen empfangen haben. Sie leben parallel zu den Mönchen in eigenen Konversen-Gemeinschaften im Kloster aber auch in ökonomischen und handwerklichen Betrieben des Klosters. Dort verrichten sie körperliche Arbeit.

Ihre Hochzeit erlebten die Konversen bei den Zisterziensern und Prämonstratensern. Auch im Reformkloster Cluny waren bereits Konversen eingesetzt.

Man unterscheidet zwischen „Oblaten“ (Kinder, die von ihren Eltern dem Kloster übergeben wurden) und Konversen die im Erwachsenenalter in die Gemeinschaft eintreten.

Für die Oblaten gab es nach der nötigen schulischen Ausbildung die Möglichkeit die entsprechenden Weihen zu erlangen und in den Klerus aufzusteigen, was den erwachsenen Konversen meist versagt blieb.

Mit dem Auftreten der Medikanten-Orden (Bettelorden) ging die Zahl der Konversen sehr zurück, was ein Umdenken in der wirtschaftlichen Aufstellung der Klöster erforderte.

Doppelklöster oder die Rolle der Frau

Im Zusammenhang mit dem Orden der Prämonstratenser werden häufig die „Doppelklöster“ genannt. Dabei leben Frauen und Männer an einem Klosterstandort, allerdings räumlich getrennt.

Teilte uns die Vita des Norbert von Xanten hierzu wenig bis keine Informationen mit, so berichtet Hermann von Tournai (Chronist, Abt des Benediktinerklosters St. Martin von Tournai)

„…das Norbert Scharen von Frauen zu Gott bekehrte und bereits vor 1147 mehr als zehntausend Frauen in den Klöstern des Verbandes lebten…“

 Diese Zahl darf als Übertrieben angesehen werden, da die Frauen als Aufnahmevoraussetzung des „Lesens und Schreibens“ mächtig sein mussten. Dies war nur einem hohen gesellschaftlichen Stand vorbehalten.

Waren die Kanoniker und männlichen Konversen relativ frei was Einsatz und Aufenthalt anging, so lebten die weiblichen Konversen in strenger Klausur mit Schweige-Gelübte und konnten nur bedingt neben ihren Gebetszeiten für die Gemeinschaft Tätigkeiten nachgehen.

So oblag ihnen die Verarbeitung von Wolle und die Herstellung von Textilien sowie deren Reinigung und Reparatur. In einigen Gemeinschaften leisteten sie auch Arbeit im Hospital, hier aber ausschließlich für Schwestern.

Man kann sich vorstellen das eine homogene, nach innen gerichtete Gemeinschaft, in einem von den Zielen nach außen gerichteten Orden (Predigt, Unterricht und Pfarrseelsorge) schnell zu organisatorischen Problemen führt.

Die Prämonstratenser Gemeinschaft, die nach innen lebt, kann in einem Orden, der nach außen wirkt (z. B. durch Predigt, Unterricht oder Seelsorge), schnell organisatorische Probleme bekommen.

Im Generalkapitel 1176 wurde beschlossen, dass keine Schwestern mehr aufgenommen werden. 1270 wurden die „Nonnen“ ausgeschlossen, bzw. in andere Orden überführt. Vornehmlich im Friesischen und Nordsee Raum gab es jedoch weiter Prämonstatenserinnen Orden.