Autistic Pride Day: Mehr Akzeptanz für Menschen mit Autismus

Wie die Heilpädagogisch therapeutischen Zentren des Dominikus-Ringeisen-Werks arbeiten

Datum: 18. Juni 2024, 8:00 Uhr
Die Bewältigung alltäglicher Aufgaben ist oft eine große Herausforderung für Menschen mit Autismus. Ein Mitarbeiter des HtZ Ursberg begleitet einen Klienten im Übungsfeld "Einkaufen“.

Ursberg/18. Juni 2024 – Jährlich am 18. Juni rückt der „Autistic Pride Day“, der weltweite Autismustag, Betroffene und ihre gesellschaftliche Akzeptanz in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In den Heilpädagogisch therapeutischen Zentren (HtZ) des Dominikus-Ringeisen-Werks (DRW) wird täglich daran gearbeitet, ihnen die Unterstützung zuteilwerden zu lassen, die sie brauchen, um andere zu verstehen und selbst verstanden zu werden.

Autismus Spektrum Störung (ASS) ist ein Sammelbegriff für neurologische Entwicklungsauffälligkeiten, die die soziale Interaktion, das Verhalten und die Kommunikation eines Menschen beeinflussen. Gut 50 Klienten werden regelmäßig alleine durch das HtZ in Ursberg begleitet. Weitere Heilpädagogisch therapeutische Zentren des DRW gibt es in Augsburg, Würzburg, Aschaffenburg und in Füssen. Außer Heilpädagogisch therapeutische Förderung für Menschen mit Hilfe- und Assistenzbedarf bieten sie die Vernetzung von therapeutischen Angeboten, fachbezogene Schulungs- und Fortbildungsangebote sowie das Coaching von Mitarbeitenden und Angehörigen.

Das große Ziel
Das große Ziel des HtZ ist es, die Teilhabe autistischer Menschen am Leben möglich zu machen. Bevor das gelingt, braucht es oft viel Geduld und Einfühlungsvermögen seitens der Fachkräfte. Das Alltagsbewältigungstraining ist hier so individuell wie die Menschen, die unterstützt werden. Für Menschen mit Autismus ist ihre Umwelt oft anstrengend und belastend. Sie reagieren sensibel zum Beispiel auf Geräusche oder auf Menschenansammlungen, die sie unter Stress setzen. Vielen fehlt die Fähigkeit, das Verhalten ihres Gegenübers richtig zu deuten. Wichtige Grundlagen der Kommunikation müssen erst mühsam erlernt werden: Wie spreche ich jemanden an? Wie frage ich nach? Wie kann ich meine Bedürfnisse und Fragen äußern? Im HtZ sind Menschen aus dem ganzen Autismus-Spektrum anzutreffen. Kinder und Erwachsene kommen hierher. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich auf ihre speziellen Bedürfnisse ein und finden heraus, wie sie gemeinsam mit ihrem jeweiligen Klienten am besten vorgehen.

Wie zwei unterschiedliche Systeme
Nicole Rothmayer, Fachkraft im HtZ, erklärt die speziellen, für Außenstehende häufig unverständlichen Verhaltensweisen von Menschen mit Autismus mit einem Bild aus der Computertechnik: „Am besten veranschaulicht ein Vergleich mit zwei verschiedenen Betriebssystemen, was Menschen im Autismus-Spektrum von anderen unterscheidet. Der eine läuft mit einer Apple-Software, der andere mit der von Windows. Da gibt es kein besser oder schlechter. Nur der Fokus ist anders gelegt.“ Fachkraft Regina Kerler ergänzt: „Menschen mit Autismus haben oft einen hohen IQ, Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen bereiten ihnen jedoch häufig Mühe.“

Den Alltag üben
„Was braucht der einzelne Mensch mit Autismus, um gut durch den Tag zu kommen und seinen Wünschen und Bedürfnissen nachgehen zu können?“, ist die zentrale Frage, die sich das Team des HtZ bei seiner täglichen Arbeit mit seinen Klienten und Klientinnen stellt. Die Fachleute nähern sich ihnen mit pädagogisch-therapeutischen Ansätzen, beispielsweise mit einer strukturierten Form der visuellen Unterstützung, die speziell für Menschen im Autismus-Spektrum entwickelt wurde. Auch Diagnoseverfahren finden Anwendung, um die sprachlichen, sozialen und emotionalen Fähigkeiten einer Person auf einer Skala abbilden zu können. Das sind wichtige Säulen, die dabei helfen, Zugang zum aktuellen Entwicklungsprofil zu finden. Praktisch wird geübt, wie nonverbale Signale wie Gesichtsausdruck, Körpersprache und Gestik der Mitmenschen gelesen werden können, um entsprechend mit dem Gegenüber in Interaktion zu kommen. Für Menschen mit Autismus ist das fast wie Vokabeln einer neuen Sprache zu lernen. Hilfsmittel wie Bildkarten und Fotos unterstützen dabei, Unterschiede in Gesichtern zu erkennen. Praktische Übungen und Rollenspiele simulieren alltägliche Situationen. Auch das Einkaufen wird vor Ort geübt, indem Klient und Begleiter gemeinsam ins Geschäft gehen.

Offenheit und Respekt
Genauso wichtig wie das Einüben von Alltagssituationen ist Regina Kerler und Nicole Rothmayer, dass die Gesellschaft Menschen mit Autismus akzeptiert: „Offenheit in der Begegnung, Verständnis, Geduld und Respekt für ihre individuellen Bedürfnisse und Kommunikationsweisen sind der Schlüssel für eine Begegnung auf Augenhöhe.“

Im Internet: Soziales Kompetenz-Training (drw.de)

 

Beitrag teilen:

Weitere Beiträge

Lesen Sie weitere spannende Beitrage aus dem DRW