Berlin/Ursberg / 30. Mai 2022 – Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Ekin Deligöz (Grüne) hat die Flüchtlingsunterkunft für Waisenkinder aus der Ukraine in Ursberg besucht. Anfang April hatte das Dominikus-Ringeisen-Werk (DRW) gemeinsam mit deutschen und internationalen Partnern insgesamt 120 Menschen evakuiert, darunter 82 Waisen mit Behinderung. Deligöz sprach unter anderem mit dem Vorstandsvorsitzenden des DRW Martin Riß und mit DRW-Vorstand Wolfgang Tyrychter über die Situation sieben Wochen nach der Evakuierung sowie über die Herausforderungen der Zukunft.
Ekin Deligöz stand während der Evakuierung immer wieder mit dem DRW in Verbindung und hatte sich für die Aufnahme der Geflüchteten in Ursberg tatkräftig eingesetzt. Vor einigen Wochen hatte sie zudem die Erstaufnahmeeinrichtung in der Stadt Stalowa Wola in Ost-Polen besucht, in der die Waisenkinder zunächst unterkamen, bevor sie auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland weiterreisten. Die Politikerin sprach dort u. a. mit dem Bürgermeister von Stalowa Wola. Dieser hatte sich sehr stark für die Gruppe eingesetzt, kurzfristig Begleitungen für den Evakuierungsflug von Polen nach München organisiert und war sogar selbst mitgeflogen.
Deligöz: „Ein gelungenes Beispiel“
„Als die Bewohner des Waisenhauses in Polen ankamen, hatten die Mitarbeiter der Erstaufnahme zunächst große Angst, dass sie in ihrem schwachen Zustand nicht weiterreisen könnten“, berichtete Deligöz von ihren Gesprächen in Polen. Umso erfreuter zeigte sie sich beim Rundgang durch die Einrichtung in Ursberg, die das Dominikus-Ringeisen-Werk ausschließlich für diesen Zweck ertüchtigt hatte. „Jetzt sind die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen in Sicherheit und bekommen eine gute Pflege. Es ist ein gelungenes Beispiel für eine Evakuierung aus dem Kriegsgebiet, das ich immer wieder vortragen kann“, so die Staatssekretärin. Die Erfahrungen, die das DRW gemacht habe, kämen jetzt weiteren schutzsuchenden Kindern zugute. „Sie haben nicht nur Menschen nach Ursberg geholt, sie haben auch viele Leben gerettet“, sagte Ekin Deligöz an die Adresse der Leitung des DRW gerichtet. „Das ist nicht selbstverständlich in dieser Welt.“ Der DRW-Vorstandsvorsitzende Martin Riß bedankte sich für alle Hilfe des Ministeriums und sagte: „Wir sind dankbar, dass wir diesen Weg miteinander gehen konnten. Bei dieser Evakuierung wurde sichtbar, zu was eine Gesellschaft imstande ist, wenn viele mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenarbeiten“, so Riß.
Herausforderungen trotz Verbesserung der Lage
Die DRW-Verantwortlichen für die Flüchtlingsunterkunft für die Waisenkinder konnten der Staatssekretärin von einer Entspannung der Lage berichten. So seien mittlerweile neben zwei Projektleiterinnen und den 12 aus der Ukraine geflüchteten Pflegerinnen weitere 24 geflüchtete ukrainische Frauen eingestellt worden, die das Team bei der Pflege der teilweise schwerbehinderten Kinder unterstützen. „Es ist von der Ankunft bis heute schon sehr viel passiert“, sagte DRW-Koordinator Wolfgang Unger. Die Arbeit gehe jedoch weiter und man stehe weiterhin vor Herausforderungen, so Unger. Wichtig sei jetzt, die Pflege- und Aktivierungsmöglichkeiten gerade für die schwerbehinderten Kinder zu verbessern, insbesondere durch Hilfsmittel wie individualisierte Rollstühle und weitere orthopädische Hilfsmittel. Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder des Pflegepersonals fehlten noch genauso wie genügend Wohnraum für die neuen Mitarbeiterinnen im Umkreis von Ursberg.
Sozialrechtliche Fragen bleiben
Wolfgang Tyrychter vom DRW-Vorstand verwies auf die bald bevorstehenden Änderungen der behördlichen Zuständigkeiten für die aus der Ukraine Geflüchteten. Die Frage sei, was sich für die Situation von geflüchteten Menschen mit Behinderung ändere, wenn die Einrichtung wie vom Gesetzgeber festgelegt ab dem Stichtag 1. Juni 2022 nicht mehr als Flüchtlingsunterkunft gelte, sondern in die Zuständigkeit der Sozialgesetzgebung überführt werden solle. Dies habe Konsequenzen für die Refinanzierung der unterschiedlichen Leistungen für die Menschen mit Behinderung aus der Ukraine, sowie für die fachlichen Vorgaben. Außerdem sei es schwierig, bis zum Stichtag für jeden Geflüchteten die erforderlichen Anträge zu stellen und die so genannte Fiktionsbescheinigung zu bekommen, so Tyrychter. „Das wird zeitlich sehr sportlich für alle Beteiligten“, sagte er. Ekin Deligöz versprach, weiterhin eng mit dem Dominikus-Ringeisen-Werk in Kontakt zu bleiben und dabei zu helfen, offene sozialrechtliche Fragen zwischen den beteiligten Behörden möglichst schnell zu klären.
Das Tagebuch der Evakuierung des ukrainischen Waisenhauses finden Sie in der aktuellen Ausgabe von GEMEINSAM news: DRW Gemeinsam - 02/2022