Mindelheim / Juli 2022 - Über die einrichtungsbezogene Impfpflicht und ihre Auswirkungen auf Einrichtungen der Pflege- und Eingliederungshilfe sprach der Allgäuer Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke (CSU) bei einem Besuch in der Mindelheimer Einrichtung des Dominikus-Ringeisen-Werks (DRW) mit dem Geistlichen Direktor Martin Riß sowie dessen Kollegen Wolfgang Tyrychter und Elmar Müller.
Schon zu Beginn des Jahres hatten sich Mitglieder der DRW-Leitungsebene sowie eine Mitarbeiterdelegation an den Abgeordneten gewandt und ihm ihre Sorgen mit Blick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht geschildert. Im Zuge dieses schriftlichen Austausches hatte Stracke ein Gespräch vor Ort angeboten. Ein Angebot, das das DRW gerne angenommen hatte. „Dass sich der Bundestagsabgeordnete Zeit für dieses Gespräch nimmt, ist für uns auch ein Zeichen der Wertschätzung für unsere Arbeit. Darüber freuen wir uns umso mehr, als wir derzeit vor enormen Herausforderungen stehen“, hieß Riß Stracke zum Auftakt willkommen.
Großes Kopfzerbrechen bereite den Verantwortlichen nach wie vor die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Innerhalb aller zum DRW gehörenden Häuser habe bereits ihre Ankündigung große Unruhe ausgelöst. Mittlerweile habe sich innerhalb der insgesamt rund 5.000 Mitarbeiter zählenden Belegschaft ein Anteil von etwa acht Prozent herauskristallisiert, der sich nicht impfen lassen werde, berichtete Tyrychter in diesem Zusammenhang. Was auf den ersten Blick nach einem geringen Prozentsatz aussehe, stelle das DRW jedoch vor riesige Herausforderungen. In Zahlen bedeute dieser Anteil rund 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „In unserer ohnehin schon zerbrechlichen Personalsituation können wir aber auf keinen einzigen Mitarbeiter verzichten“, so die Vertreter des DRW im Gespräch. Dazu komme, dass auch potentielle neue Mitarbeiter, die im Bereich der Pflege ohnehin nicht genügend vorhanden seien, nur eingestellt werden dürfen, wenn sie geimpft seien.
„Menschen, die sich an uns wenden, brauchen Geborgenheit und Zuwendung. Wir können dies aufgrund der personellen Engpässe nicht mehr in dem Maße ermöglichen, wie wir es gerne tun würden. Das führt die aktuelle Problematik deutlich vor Augen“, fasste Riß die aktuelle brisante Situation zusammen. Zudem seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit Beginn der Pandemie ohnehin an der Grenze ihrer Belastbarkeit. „Urlaub konnte teils nicht genommen werden, Überstunden haben sich gehäuft. Trotz allem leisten unsere Mitarbeitenden Außerordentliches.“
Warum CDU/CSU im Bundestag zustimmten
„Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Dezember letzten Jahres zum besseren Schutz von vulnerablen Gruppen zugestimmt. Die Zustimmung damals erfolgte jedoch vor dem Eindruck, dass die Bundesregierung eine allgemeine Impfpflicht beschließen werde und sich auch die im Krankheitsverlauf weit gefährlichere Delta-Variante des Coronavirus durchsetzen würde. Beides erfolgte bekanntlich nicht“, erklärte der Abgeordnete die Beweggründe für eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. „Aus meiner Sicht sind jetzt wesentliche Grundlagen für die damalige Entscheidung entfallen. Daher stehe ich einer Diskussion über eine sofortige Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sehr offen gegenüber“, verdeutlichte Stracke. „Unser Austausch heute bestätigt mich in dieser Haltung. Daher ist es gut, dass die bayerische Staatsregierung im Vollzug des Impfgesetzes Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein erkennen lässt. Ansonsten wären ein Pflegechaos und Versorgungsengpässe die Folgen“, so Stracke.
Problem: Steigende Lebenshaltungskosten
Auch die steigende Inflationsrate treibe die Einrichtungen um, so Tyrychter. Gestiegene Lebensmittel-, Strom- und Spritpreise wirken sich konkret auf die verschiedenen Bereiche aus. Als Lösung böten sich hier nur zwei Wege an. „Wir können im Einkauf sparen oder wir müssen den Preis für unsere Klienten erhöhen“, erklärte er. Rund 5.500 Menschen werden in den DRW-Einrichtungen versorgt. Eine Preisanpassung sei aber nicht so einfach möglich und zudem mit einem riesigen bürokratischen Aufwand verbunden. „Wir müssen Preisanpassungen drei Monate vor ihrem Inkrafttreten schriftlich ankündigen. Außerdem handelt es sich bei unseren Verträgen häufig um mit Kostenträgern verhandelte Entgelte und um individuelle Einzelvereinbarungen. Da muss jeder Vertrag getrennt betrachtet werden“, teilte Müller mit.
Einig waren sich alle Gesprächspartner, dass es wichtig sei, jetzt die Brisanz des Personalmangels zu erkennen. „Das treibt uns auch auf politischer Seite um“, so Stracke. Bereits in der letzten Legislaturperiode habe die Bundesregierung dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und dem Pflegepakt an den unterschiedlichsten Stellschrauben gedreht, um mehr Pflegende ans Bett zu bekommen. „Eine gute Vergütung und auch verlässliche Arbeits- und Freizeiten spielen eine große Rolle für die Attraktivität des Pflegeberufs. Nur mit guten Rahmenbedingungen wird es gelingen, mehr Menschen für den Pflegeberuf zu interessieren. Das bleibt politisches Dauerthema“, stellte der Abgeordnete klar.