25 Jahre Stiftung Dominikus-Ringeisen-Werk
1996-2021
Vor 25 Jahren, im Januar 1996, überführten die Schwestern der St. Josefskongregation Ursberg das Werk, das sie vom Gründer Dominikus Ringeisen übernommen und ausgebaut hatten, in eine kirchliche Stiftung. Mit diesem Schritt führten sie die Arbeit für Menschen mit Behinderung in die Zukunft. Auf diesen Seiten erfahren Sie, welche Bedeutung für das Dominikus-Ringeisen-Werk dieser Schritt hatte und welche besonderen Veranstaltungen wir in diesem Jubiläumsjahr planen.
25 Jahre. 26 Menschen. #dubistkostbar
Von Füssen bis Aschaffenburg: An über 30 Orten in Bayern begleiten wir im Dominikus-Ringeisen-Werk Menschen mit Behinderung. Die Fakten: Rund 5.000 Klientinnen und Klienten, rund 4.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber wer sind diese Menschen? Was treibt sie an? Was verbindet sie mit dem Dominikus-Ringeisen-Werk? Was ist kostbar für sie? 26 von ihnen erklären es Ihnen hier.
So kam es zur Stiftungsgründung - und das ist daraus geworden
Leicht war es nicht für die Schwestern der St. Josefskongregation, das Werk nach über 90 Jahren der alleinigen Verantwortung für Menschen mit Handicap abzugeben. Dominikus Ringeisen (1835-1904) selbst hatte die St. Josefskongregation 1897 mit staatlicher und kirchlicher Genehmigung aus der Taufe gehoben, um seiner stetig wachsenden Zahl an Mitarbeiterinnen Beheimatung und Sicherheit im Rahmen einer klösterlichen Lebensform zu bieten. Sie hatten das Werk nach seinem Tod als Erbe übernommen, es fortgeführt und erweitert. Sie waren in der Pflege, in der Verwaltung und im Handwerk tätig gewesen, hatten Schulen gegründet und die Arbeit für Menschen mit Behinderung fachlich vorangetrieben. Bedeutende Meilensteine waren unter anderem die Gründung der Fachschulen für Heilerziehungspflege und Altenpflege in Ursberg.
Spätestens in den 1980er Jahren war ein Trend unübersehbar: Immer weniger junge Frauen fanden den Weg in die Ordensgemeinschaften. Immer größer wurden Werk und Aufgaben der Schwestern der St. Josefskongregation: Die Zahl der Mitarbeitenden in Ursberg und in den damaligen so genannten Filialen in Pfaffenhausen, Breitbrunn, Kloster Holzen und Maria Bildhausen in Unterfranken war von rund 300 im Jahr 1970 auf über 2.000 in 1995 gestiegen. Das Verhältnis zwischen den Schwestern und den „weltlichen Mitarbeitern“ hatte sich längst verschoben. Für die Schwestern wurde der Spagat zwischen dem Wunsch, Menschen mit Handicap zu dienen und den zunehmenden Management-Anforderungen eines großen Sozialunternehmens einfach zu groß.
Sr. Evangelisa Höfer, 8. Generaloberin der St. Josefskongregation von 1987-1999, war zutiefst davon überzeugt, dass sie ihr Amt für eine grundlegende Reform des Werks nutzen sollte, und dass der Zeitpunkt gekommen war, einen wichtigen und nötigen Schritt zu tun. Die Reaktion auf ihre Ankündigung im Generalkapitel 1993 wertete sie als Beleg dafür, auf dem richtigen Weg zu sein: „Die Schwestern wurden von dem Gedanken schnell erfasst und haben ihn mitgetragen“, berichtet Sr. Evangelista.
Der Stiftungsakt wird am 20. September 1995 im Kapitelsaal des Mutterhauses in Ursberg im Beisein der delegierten Schwestern der St. Josefskongregation von Generaloberin Sr. M. Evangelista Höfer unterzeichnet. Am gleichen Tag erlässt der damalige Augsburger Bischof Viktor Josef Dammertz das Dekret, welches das Dominikus-Ringeisen-Werk als Stiftung nach kirchlichem Recht ausdrücklich ins Leben ruft. Am 1. Januar 1996 begann sie offiziell ihre Arbeit.
Mit der Stiftungsgründung war es für das Dominikus-Ringeisen-Werk besser möglich, die Dezentralisierung seiner Wohnangebote für Menschen mit Behinderung voranzutreiben. In dichter Reihenfolge entstanden nun neue Wohnangebote außerhalb großer Komplexstandorte wie Ursberg. So wurde bereits im ersten Stiftungsjahr 1996 das Wohnangebot Walburga in Krumbach als Außenwohngruppe in Dienst gestellt. Es folgen 1998 Wohnangebote in Bad Königshofen (Unterfranken), in Thannhausen 2000 und in den folgenden Jahren u.a. in Balzhausen, Oberrohr, Günzburg und Burgau, in Augsburg, Nordendorf, Meitingen und Kempten für Kinder und Jugendliche. Ebenso wurden Werk- und Förderstätten außerhalb der bereits bestehenden ehemaligen "Filialen" etabliert. Neben der fachlich-therapeutischen Versorgung von Menschen mit Handicap konnte man mit diesen Angeboten auch immer öfter den Wunsch der Klienten nach einer Einbindung ins Gemeinwesen erfüllen.
Die Ausweitung der dezentralen Angebote im Bereich Wohnen, Arbeit und die zunehmenden Angebote der Offenen Behindertenarbeit und des Ambulant Betreuten Wohnens machten zu Beginn der 2010er Jahre eine Organistationsreform unabdingbar. Das Dominikus-Ringeisen-Werk strukturierte seine Angebote fachlich und geografisch zu so genannten "Regionen", die jeweils einen Gesamtleiter oder eine Gesamtleiterin bekamen. So entstanden unter anderem die DRW-Regionen Unterfranken, Günzburg/Neu-Ulm, Unterallgäu, Allgäu sowie Oberbayern. Ebenso gibt es für den Fachbereich Ambulante und Offene Hilfen, für das stationäre Wohnen erwachsener Menschen mit Behinderung in Ursberg, für die Fachpflegeeinrichtung St. Vinzenz v. Paul, das Heilpädagogische Heim für Kinder und Jugendliche Ursberg und den Bereich Ausbildung und Beschäftigung Ursberg einen Gesamtleiter.
Zentralbereiche wie das Personal- oder das Rechnnungswesen werden weitestgehend zentral von Ursberg aus organisiert.
Die Anzahl der Mitarbeitenden der Stiftung sowie der Menschen, die von den vielfältigen Einrichtungen des Dominikus-Ringeisen-Werks begleitet werden, hat sich im Laufe der letzten 25 Jahre nahezu verdoppelt.
Arbeiteten im Jahre 1995 noch rund 1.900 Mitarbeitende in den Einrichtungen, so liegt deren Zahl heute bei über 4.600.
Begleitet wurden im Jahre 1995 ca. 2.400 Menschen mit Handicap. Heute sind es rund 5.000.
1995 arbeiteten noch knapp 150 Schwestern der St. Joselfskongregation in verschiedenen Tätigkeiten im Dominikus-Ringeisen-Werk. Heute ist hier keine Schwester mehr tätig.
Während die Stiftung beständig wuchs, prägen die Schwestern das Bild Ursbergs und der übrigen Standorte längst nicht mehr. Viele Konvente sind mittlerweile aufgelöst. Ende Januar 2021 lebten noch 76 Schwestern in der St. Josefskongregation. 65 in Ursberg, drei in Breitbrunn am Ammersee, fünf im Krumbad und drei in Pfaffenhausen. Zu seiner Blütezeit 1937 hatte der Orden noch 1.067 Schwestern gezählt. Präsent sind sie allerdings immer noch. Die Stiftungssatzung setzt die Generaloberin an die Spitze des Aufsichtsgremiums der Stiftung, des Stiftungsrats, und auch die Generalökonomin ist hier vertreten. Die St. Josefskongregation verantwortet weiterhin Ringeisen-Gymnasium und Klosterbräuhaus in Ursberg und ist Gesellschafterin der Heilbad Krumbad GmbH. Aktiv geblieben ist auch ihr geistliches Leben. Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 entfaltete sich ein Banner auf dem Vordach des Mutterhauses in Ursberg mit der Mut machenden Botschaft: „Wir denken an Euch und beten für Euch in dieser Coronazeit!“ Als Überschrift wählten die Schwestern ihren Leitsatz: „Das Vertrauen auf Gott ist unser Leben.“
Das Dominikus-Ringeisen-Werk und die St. Josefskongregation haben die wissenschaftliche Aufarbeitung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Behindertenhilfe seit Gründung der Bundesrepublik vorangetrieben. Mitarbeiter des „Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin“ der Universität Düsseldorf analysierten Unterlagen aus den Archiven sowie zeitgeschichtliche Dokumente zu den Lebensbedingungen in den Einrichtungen. Sie sprachen mit Zeitzeugen und Betroffenen. „Es ist uns ein echtes Anliegen zu erkennen, welche Bedingungen zu Leid und Unrecht von Menschen in unseren Einrichtungen geführt haben“, begründet Wolfgang Tyrychter vom Vorstand des Dominikus-Ringeisen-Werks.
Die finanzielle Anerkennung für erlittenes Unrecht, die über die Stiftung Anerkennung und Hilfe erfolgt, mit der das Dominikus-Ringeisen-Werk eng zusammenarbeitet, kann sicher das Erlittene nicht entschädigen. Sie ist vielmehr ein ernstgemeintes Symbol das von den Betroffenen Erlebte ernst zu nehmen und anzuerkennen.
„Das Dominikus-Ringeisen-Werk bekennt sich zu seiner Verantwortung für entstandenes Unrecht und Leid in seinen Einrichtungen; es muss uns Auftrag sein, auch zukünftig wachsam für problematische Rahmenbedingungen und Einstellungen zu sein und weiter an der Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung zu arbeiten. Die Würde des einzelnen Menschen muss für uns immer im Mittelpunkt stehen“, so Wolfgang Tyrychter.
Mehr zu diesem Thema können Sie in einer Schwerpunktausgabe unseres GEMEINSAM-Magazins lesen...
Zeitgeschichte im Video: Sr. Evangelista Höfer erinnert sich
Sr. M. Evangelista Höfer CSJ (am 19. Februar 2021 90 Jahre alt geworden) hat als Generaloberin zusammen mit dem damaligen Geistlichen Direktor der St. Josefskongregation Johann Wagner das Projekt verwirklicht, das Dominikus-Ringeisen-Werk in eine Stiftung zu überführen. In unserer Interviewfolge erinnert sie sich, wie die Arbeit und der Alltag der Schwestern in den Einrichtungen vor der Stiftungsgründung aussah, wie sie auf die Idee kam, dass sich etwas ändern müsse und wie die Stiftungsgründung vor sich ging.
Sehen Sie im folgenden die Video-Interviews mit Sr. Evangelista. Klicken Sie dazu einfach auf die jeweilige Frage.