Der Bischof von Augsburg besucht evakuiertes Waisenhaus im Dominikus-Ringeisen-Werk

Dr. Bertram Meier würdigt die Rettung von 82 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung und deren Pflegerinnen. Jetzt gehe es darum, den Geflüchteten ein „Dach für die Seele“ zu bauen

Datum: 14. April 2022, 11:24 Uhr
Der Bischof von Augsburg Dr. Bertram Meier inmitten von Helferinnen und Helfern, die die Evakuierung des ukrainischen Waisenhauses nach Ursberg durchgeführt hatten. Rechts neben ihm die Leiterin des Waisenhauses, Victoria Putina.

Ursberg/ 14. April 2022 – Der Bischof von Augsburg Dr. Bertram Meier hat die Flüchtlingsunterkunft des Dominikus-Ringeisen-Werks (DRW) für Waisenkinder mit Behinderung in Ursberg besucht. Zusammen mit Verantwortlichen des DRW und der Leiterin des Waisenhauses, das Anfang April aus der Ostukraine evakuiert worden war, besichtigte er die Unterkunft, sprach mit den Geflüchteten und spendete ihnen den Segen. Anschließend traf er mit freiwilligen Helfern zusammen, die an der komplexen Evakuierung beteiligt gewesen waren.

Das Waisenhaus mit insgesamt 82 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von sieben bis 31 Jahren aus der ostukrainischen Stadt Krywyj Rih war Ende März zunächst mit dem Evakuierungszug an die polnische Ostgrenze aufgebrochen. Die Kinder reisten zusammen mit 12 Pflegerinnen und deren Familienangehörigen aus. Vom Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in Polen wurden sie schließlich mit drei Evakuierungsflügen nach München und Memmingen sowie per Bus nach Ursberg gebracht. An der groß angelegten Rettungsaktion waren neben den ukrainischen und polnischen Behörden das Rote Kreuz in Polen und Schwaben, das Hilfswerk Renovabis, Feuerwehren beider Länder, zahlreiche Freiwillige aus Polen und Deutschland sowie der Landkreis Günzburg beteiligt.

Eine Kirche, die klein wird

Bischof Bertram Meier zeigte sich nach dem Besuch der Flüchtlingsunterkunft beeindruckt und bewegt vom Treffen mit den Waisenkindern mit Behinderung. Hier zeige sich eine Kirche, die im Dienst für die Welt stehe. „Sie ist nicht nur eine Kirche, die Jesus Christus zelebriert mit Weihrauchschwaden, vielen Leuchtern und sakraler Musik“, so der Augsburger Oberhirte. „Sie ist vielmehr eine Kirche, die in die Knie geht, die klein wird, die Jesus nachfolgt. Jesus selber hat nicht für sich gelebt, sondern für andere.“

Jeder Mensch hat Würde

Im Tun der Frauen und Männer, die nach Polen gereist seien, um die Kinder und Jugendlichen nach Ursberg zu holen, und im Tun derjenigen, die sie jetzt in Ursberg begleiteten, zeige sich eine Kirche, die sich verneige und ausdrücke: „Jeder Mensch hat Würde.“ „Gerade dem Dominikus-Ringeisen-Werk ist das ins Stammbuch geschrieben. Deshalb passt dieser Dienst nicht als Pflichtprogramm, sondern als Maßanzug für das Dominikus-Ringeisen-Werk und die St. Josefskongregation“, so Bischof Bertram Meier. Nachdem die Geflüchteten aus der Ukraine jetzt gut und sicher in einem eigens für sie ertüchtigten Haus untergebracht seien, gehe es nun darum, ihnen ein „Dach für die Seele“ zu bauen, Wärme und Geborgenheit zu schenken.

Beeindruckt vom polnischen Bürgermeister

Sr. Katharina Wildenauer, Generaloberin der St. Josefskongregation Ursberg, hob die gute Zusammenarbeit der Hilfskräfte während der Evakuierung hervor. Beeindruckt sei sie vor allem vom Bürgermeister der polnischen Grenzstadt Stalowa Wola, in der das Erstaufnahmelager liegt, in das die Waisenkinder zuerst aufgenommen worden waren. Weil Hilfskräfte zur Begleitung der Kinder gefehlt hätten, sei er selbst mitgeflogen und habe nach der Landung in München Kinder am Flughafen in den wartenden Bus nach Ursberg getragen. „Bei der Evakuierungsaktion war zu spüren: Jeder will geben, was er kann. Und dabei ist es ganz egal, welche Fähigkeiten ich habe. Das alles ist nur gelungen, weil viele ihre unterschiedlichen Fähigkeiten beigetragen und diese ineinandergegriffen haben“, so Sr. Katharina.

Leiterin: „Die Kinder sind ruhiger geworden“

Erstmals seit der Ankunft der Gruppe in Ursberg äußerte sich auch die Leiterin des Waisenhauses Victoria Putina öffentlich: „In Deutschland hat man sich im Vorfeld große Mühe gegeben, schnell alle Unterlagen für die Behörden zu besorgen, damit wir uns endlich auf den Weg machen konnten. Schon damals, noch in der Ukraine, haben wir die Wärme von Ursberg gespürt“, sagte sie beim Treffen mit dem Bischof. „Die Kinder und das Personal befinden sich jetzt in Sicherheit, sind zufrieden und geschützt, bekommen gutes Essen und gute Pflege. Die Kinder sind ruhiger geworden und sagen, dass sie nicht zurückfahren wollen, weil es ihnen hier so gut gefällt. Wir sind alle sehr dankbar.“

DRW sucht Mitarbeitende, die ukrainisch sprechen

Josef Liebl vom DRW-Vorstand verwies darauf, dass man dringend ukrainisch-sprachige Betreuungskräfte für das gerettete Waisenhaus benötige, um den Betrieb der Flüchtlingsunterkunft sicherzustellen. Neben den Pflegekräften, die die Waisenkinder aus der Ukraine begleitet haben, machen zurzeit vor allem Mitarbeitende aus dem DRW freiwilligen Zusatzdienst. Die Sprachbarriere sei in der täglichen Zusammenarbeit allerdings ein großes Hindernis, so Liebl. „Deshalb suchen wir aus der Ukraine Geflüchtete, denen wir Wohnraum und einen Arbeitsvertrag anbieten möchten.“ Die Suche nach geeignetem Wohnraum in den umliegenden Gemeinden laufe zurzeit auf Hochdruck, gestalte sich allerdings aufgrund der allgemeinen Wohnraumsituation schwierig. „Wir freuen uns über jeden Hinweis und jedes Angebot“, sagte Josef Liebl. Interessentinnen und Interessenten können über die E-Mail-Adresse ukraine@drw.de Kontakt mit dem DRW aufnehmen.

Bischof kam als Seelsorger

Der Vorstandsvorsitzende und Geistliche Direktor des Dominikus-Ringeisen-Werks Martin Riß, der selbst mit nach München und Memmingen gefahren war, um die Waisenkinder abzuholen, nutzte die Gelegenheit, um seinen herzlichen Dank auszudrücken: „Allen Helferinnen und Helfern möchte ich ganz herzlich für ihr unermüdliches und tatkräftiges Wirken zum Wohlergehen der Menschen danken. Danke für ihr wachsames und achtsames Miteinander, das die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten im Blick hat und entsprechend unserem Leitgedanken handelt: ‚Jeder Mensch ist kostbar.‘“ Ebenso dankte Riß Bischof Bertram Meier dafür, dass er mit seinem Besuch den geflohenen Menschen als Seelsorger begegnet sei und den Helferinnen und Helfern seine Wertschätzung ausgedrückt habe.

Hilfe für Menschen aus der Ukraine (drw.de)

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