Ein Fallschirmsprung vor dem Tod

Fachtag im Dominikus-Ringeisen-Werk widmet sich den Themen Sterben, Tod und Trauer

Datum: 26. November 2025, 15:08 Uhr
Jenny Kasper (l.) und Mitarbeiterin Alice Kurz auf der Terrasse der betreuten Wohneinrichtung in Augsburg Pfersee.
Anna Tonzer, Sozialarbeiterin und Trauerbegleiterin für Menschen mit und ohne Behinderung und Mitarbeiterin der Hospizgruppe Freiburg e.V. sprach über die vielfältigen Aspekte des Trauerns.
Buchautor, Demenzberater und Humortherapeut Markus Proske zeigte in seinem Abschlussvortrag auf, dass angesichts des Todes auch Humor zeitweise seinen Platz haben darf.
Große Beteiligung und viele sehr persönliche Eindrücke zeigten sich an den Stellwänden zu Fragen rund um das Thema Sterben, Tod und Trauer.
Großes Interesse bei den Mitarbeitenden des DRW am Fachtag zum Thema Sterben, Tod und Trauer.

Ursberg, 26. November 2025 – Ein Fallschirmsprung: Den möchte Jenny Kaspar noch erleben, bevor sie stirbt. Die 49-Jährige ist blind und ihre linke Körperseite ist gelähmt. Sie wohnt in einer betreuten Wohngruppe des Dominikus-Ringeisen-Werks in Augsburg und war eine der Protagonistinnen beim Fachtag „Was denkt ihr, was ich will? Lasst uns reden über würdiges Sterben“ in Ursberg. In Videoeinspielungen kamen dabei neben ihr weitere Klientinnen und Klienten des DRW zu Wort. Die Antworten auf existenzielle Fragen waren ehrlich, individuell und tief berührend. Die Wünsche reichten dabei vom Bedauern über Unerreichtes – „Ich würde gern mal am Ballermann feiern, aber ich sitz ja im Rollstuhl. Schade.“ – bis zur Hoffnung auf ein Wiedersehen mit dem verstorbenen Vater: „Das ist mein größter Wunsch“. Auch die Befürchtung, zur Last zu fallen, wurde geäußert , ebenfalls wie Zweifel an einem Leben nach dem Tod. Die Wünsche für das Begräbnis reichten von der Körperspende an die Forschung bis zum Sarg, der neben sämtlichen Fußball-Fantrikots auch „was halt sonst noch reinpasst“ enthalten solle.

Die Veranstaltung deckte mit Fachvorträgen und Workshops eine Vielzahl von Aspekten rund um Sterben, Tod und Trauer ab. Denn Fachkräfte im sozialen Bereich begleiten Menschen oft über viele Jahre und nicht selten auch in der letzten Lebensphase. Der Fachtag diente dazu, Wissen, Sicherheit und die Fähigkeit zum offenen Gespräch zu vermitteln. Martin Riß, Vorstandsvorsitzender und Geistlicher Direktor des DRW, sprach in seinem Grußwort vom stetigen Wandel der Bestattungskultur. Im Blick auf die Werke der Barmherzigkeit erläuterte er, dass Gebet und Bestattung ein Dienst an den Verstorbenen und Trauernden sei.

Von rechtlichen Belangen bis zur Suizidprävention 

Zahlreiche Referentinnen und Referenten beleuchteten das Thema aus unterschiedlichsten Blickwinkeln. Prof. Dr. Dr. Michael Kubiciel, Universität Augsburg, klärte über rechtliche Belange auf, während Dr. Bärbel Fabacher von der Palliativversorgung Mittelschwaben medizinische Aspekte erläuterte. Die Workshops boten Raum für Vertiefung. Themen waren etwa die Vorsorgeplanung oder die Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzenden Erkrankungen. Auch sensible Bereiche wie Sterbewünsche und Suizidprävention bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung wurden thematisiert. Hospizbegleiterin Antonie Forstner betonte die Bedeutung eines grundlegenden Wissens in der Palliativpflege für alle Mitarbeitenden: „In jeder Einrichtung sollte Basiswissen über Palliativpflege vorhanden sein und im Alltag umgesetzt werden.“ Dass bei aller Schwere auch Leichtigkeit ihren Platz haben darf, vermittelte Humortherapeut Markus Proske im Abschlussimpuls.

Organisiert wurde der Tag vom Ethikrat des DRWs um Peter Betscher und dem Referat Fortbildung. Gabriele Endres, Leiterin des Referats Fortbildung, betonte die Notwendigkeit: „Wir haben gemerkt, dass aufgrund der gestiegenen Altersstruktur im DRW das Thema ‚Sterben, Tod und Trauer‘ immer präsenter wird“. 

Auch Jenny Kaspar hat klare Vorstellungen, was in ihrer letzten Lebensphase und nach ihrem Tod passieren soll: „Ich möchte meine Familie damit nicht belasten. Deshalb würde ich gerne in einer Einrichtung leben, wo ich professionell versorgt werde.“ Weil sie sich für den menschlichen Körper interessiert, überlegt sie, ihren Körper für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. „Mir ist wichtig, dass Behinderungen möglichst gut erforscht werden können.“ Eine große Trauerfeier ist ihr nicht wichtig: „Die Beerdigung kostet sehr viel Geld, die hohen Kosten möchte ich niemandem zumuten. Ich möchte aber auch nicht groß sparen dafür, denn ich möchte jetzt leben und mein Leben genießen.“ Zum Beispiel mit einem Fallschirmsprung.

 

Referentinnen und Referenten:

  • Prof. Dr. Dr. Michael Kubiciel – Rechtswissenschaftler an der Universität Augsburg
  • Christine Fricke – Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e. V.
  • Peter Betscher – Leiter Stabstelle Seelsorge, Ethik und Pastoral im Dominikus-Ringeisen-Werk
  • Daniel Felber – Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e. V.
  • Dr. Bärbel Fabacher, Maria Deuringer, Elisabeth Zanker, Gerda Steinruck, Claudia Rennhack, Ulrike Kraus – Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) Mittelschwaben
  • Antonie Forstner – Hospizbegleiterin
  • Martin Dietmaier-Koch – Religionspädagogischer Fachdienst im Dominikus-Ringeisen-Werk
  • Monika Drexler, Edith Hechtl, Dr. Anneliese Hösch, Diana Kühnel, Erwin Übelhör – Ökumenische Hospizinitiative Krumbach
  • Achim Saar – Diplom Sozialpädagoge
  • Markus Proske – Buchautor und Humortherapeut
  • Anna Tonzer – Sozialarbeiterin und Trauerbegleiterin
  • Josef Epp – Dipl.-Religionspädagoge
  • Wolfgang Tyrychter – Leiter Vorstandsressort „Teilhabe und Assistenz“ im Dominikus-Ringeisen-Werk

Workshops:

  • Vorsorgeplanung für die letzte Lebensphase – Daniel Felber
  • Lindernde Maßnahmen am Lebensende – Dr. Bärbel Fabacher und andere
  • Trauerrituale – Antonie Forstner
  • Sterbewünsche und Suizidprävention bei Menschen mit intellektueller oder komplexer Beeinträchtigung – Martin Dietmaier-Koch
  • Ganzheitliche hospizpalliative Begleitung –Monika Drexler und Dr. Anneliese Hösch
  • Begleitung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit lebensverkürzenden Erkrankungen – Achim Saar
  • Biographiearbeit – Markus Proske
  • Rechtliche Grundlagen zur Sterbehilfe – Prof. Dr. Dr. Michael Kubiciel
  • Selbstfürsorge im Trauerfall für Mitarbeitende – Josef Epp
  • Traurig sein – Anna Tonzer

 

 

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