Gebhard Fugel und seine vergessenen Schätze

Eine Ausstellung in Ursberg erinnert an den bedeutenden Künstler, sein Erbe und warum dieses bis heute aktuell ist

Datum: 25. August 2021, 14:15 Uhr
Die Segnung der Kinder aus dem Markus Evangelium: Gebhard Fugel beschränkt sich in seinen Werken auf das Wesentliche und zeigt Jesus, den Menschen zugewandt.
Beim Brand der Kapelle St. Maria 1934 wurden auch die Werke Gebhard Fugels durch das Feuer zerstört.
Ein Mauerstück mit einem Fugel-Werk aus der abgebrannten Kapelle ist in der Ausstellung zu sehen. Theologe Martin Dietmaier-Koch hat es auf einem Dachboden entdeckt.
Gebhard Fugel (1863-1939) auf einem Selbstporträt, entstanden um 1912 (Quelle: Wikipedia)

Ursberg / 25. August 2021 – Als im Februar 1934 die Kapelle des Haus St. Maria in Ursberg durch Brandstiftung in Flammen aufgeht, ist das die erste Bewährungsprobe für die neu gegründete Schwesternfeuerwehr der St. Josefskongregation Ursberg. Tatsächlich gelingt es, ein Übergreifen auf weitere Gebäudeteile zu verhindern und wie durch ein Wunder wird niemand ernsthaft verletzt. Der Sachschaden ist dennoch enorm. Besonders schmerzlich sind die Verluste an Kunstschätzen. Denn die Kapelle wurde 1928 von Gebhard Fugel ausgemalt. Der 1863 in der Nähe von Ravensburg geborene Maler gilt als einer der bedeutendsten internationalen Künstler seiner Zeit. Ab 1879 studierte er an der Kunstschule Stuttgart. Bereits während der Studienzeit wandte er sich christlichen Motiven zu.  1890 zog Fugel nach München und gründete dort mit Kollegen die Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst. Um die Jahrhundertwende entstand in Altötting mit einem über 1.000 Quadratmeter großen Rundgemälde zur Passion eines seiner größten Werke, das bis heute erhalten ist.

Schulwandbilder für den Religionsunterricht
Bekanntheit in der breiten Bevölkerung erlangte Fugel vor allem durch die sogenannten Schulwandbilder von denen er insgesamt 136 Stück zu biblischen Themen gestaltete und die bis in die 1970er Jahre im Religionsunterricht zum Einsatz kamen. So auch im Dominikus-Ringeisen-Werk. Wie verbreitet dort die Motive waren, hat Martin Dietmaier-Koch herausgefunden. Der 40-Jährige Theologe arbeitet im religionspädagogischen Fachdienst und als Mitarbeiter in der Seelsorge. Und in dieser Funktion wurde er beim Ausräumen eines Kellers in Ursberg um Rat gebeten. „Dort sind einige Schulwandbilder aufgetaucht, und es war nicht klar, ob diese einen historischen Wert haben, oder nicht“, erinnert sich Dietmaier-Koch. Sein Interesse war geweckt. Er fragte in anderen Einrichtungen des Dominikus-Ringeisen-Werks an, recherchierte zu Gebhard Fugel, suchte im Klosterarchiv, auf Dachböden – und wurde fündig: Neben zahlreichen weiteren Schulwandbildern fand er auch zwei Original-Werke des Künstlers. Eines davon zeigt einen Vorentwurf für das Deckengemälde der Kapelle in St. Maria. Der größte Schatz ist aber mit Sicherheit ein bemaltes Mauerstück, das aus der abgebrannten Kapelle gerettet wurde, und seither im Dachboden des Hauses St. Maria auf seine Wiederentdeckung wartete.

Lehrmeister für eine Ordensschwester
Dass Fugel überhaupt nach Ursberg kam, daran hat vermutlich Schwester M. Bernarda Klotz CSJ ihren Anteil. Therese Klotz, so ihr bürgerlicher Name, stammte aus Karlshuld und trat als 20-Jährige im Jahr 1898 in die damals noch junge St. Josefskongregation Ursberg ein. Neben ihrem eigentlichen Beruf als „Taubstummenlehrerin“ interessierte sie sich für die Malerei. Ihr Mentor, Pfarrer Stückle aus Mindelzell, gab ihr den Rat, die großen Meister zu kopieren: Raphael, Feuerstein und Fugel – damals bereits ein Ausnahmetalent in der Münchner Kunstszene. Von ihm erhielt Schwester Bernarda in den Folgejahren immer wieder sehr konkrete Ratschläge für ihre Arbeit und hatte öfters die Gelegenheit, wochenlang in seinem Atelier in München zu arbeiten. Mit wertvollen Anregungen kehrte sie immer wieder zum Dienst nach Ursberg zurück. Durch Fugel motiviert, wendete sie sich fast ausschließlich der religiösen Kunst zu.  Sie schuf eine größere Anzahl an Christus- und Mariendarstellungen, die in  Komposition und Farbwahl stark an Fugel erinnern. Ihr Herzensthema war allerdings die Darstellung des Kreuzwegs. Nach dem Wiederaufbau der Kapelle in St. Maria gestaltete sie den bis heute erhaltenen Leidensweg Jesu unterhalb der Empore.

„Bei Fugel ist Jesus kein Supermann“
Zurück zu den Schulwandbildern: Martin Dietmaier-Koch fand heraus, dass diese wohl nicht nur im Unterricht zum Einsatz kamen, sondern auch Wohn- und Schlafräume in den Ursberger Einrichtungen schmückten. „Viele ältere Bewohnerinnen und Bewohner erinnern sich noch heute daran“, sagt er. Für ihn war diese „Biografiearbeit“ Ansporn zur Konzeption einer Fugel-Ausstellung. Diese wird im September und Oktober in Ursberg zu sehen sein. Dietmaier-Koch ist wichtig, dass es dabei aber nicht um „verstaubte“ Darstellungen aus einer früheren Zeit geht: „Gebhard Fugel war ein tief gläubiger Mensch. Sein Ziel war es, das Heilswirken Jesu Christi darzustellen und dieses perfekt zu inszenieren. Fugel setzte dabei allerdings nicht auf Effekte oder eine Glorifizierung. Vielmehr versuchte er, Jesus empathisch und den Menschen zugewandt darzustellen.“ Im Gegensatz zur Historienmalerei, die für ihre Detailvielfalt bekannt ist, beschränkte Fugel sich auf das wesentliche Geschehen. „Bei Fugel ist Jesus kein ‚Supermann‘ mit Heiligenschein, sondern einer wie du und ich. Einer, der den Menschen ‚Gutes‘ will“, fasst es Dietmaier-Koch zusammen. Denn auch das ist charakteristisch für Fugel: „Er wollte die Betrachter mit seinen Darstellungen nicht ängstigen, sondern Jesus als einen Menschen darstellen, der engagiert ist, der für die Kranken und Schwachen da ist und dort hilft, wo es nötig ist.“ Dieser Aspekt ist für Dietmaier-Koch sozusagen der Brückenschlag in die Gegenwart: „Die Geschichten, die Gebhard Fugel mit seinen Schulwandbildern erzählt, sind nach wie vor aktuell. Seit über 130 Jahren setzen sich im Dominikus-Ringeisen-Werk Menschen für andere Menschen ein, auf Basis des christlichen Menschenbildes und dem Gebot der Nächstenliebe.“

Schirmherr Dr. Theo Waigel
Das sieht auch Dr. Theo Waigel so, der gerne die Schirmherrschaft für die Ausstellung übernommen hat. Die Schulwandbilder kennt der ehemalige Bundesfinanzminister noch aus seiner eigenen Schulzeit in Ursberg: „Die vielen sichtbaren Gebrauchsspuren auf diesen Bildern zeugen von den ungezählten Schulstunden, in denen diese Wandbilder zum Einsatz gekommen sind und den Schülern biblisches Geschehen lebendig vor Augen geführt haben.“ Auch er findet in den Darstellungen Fugels einen Bezug zur Gegenwart: „Für die Herausforderungen unserer Zeit benötigen wir gebildete und menschlich gefestigte Bürger. Das christliche Bild von einem barmherzigen Gott, der zuerst auf die Kleinen und Schwachen schaut,  ist  eine  besonders  geeignete Grundlage  für ein Menschenbild,  das unsere Gesellschaft einen und nicht trennen oder gar zerstören will.“

Weitere Informationen finden Sie auf www.drw.de/fugel.

 

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