Ursberg / 19. September 2024 - Ein weißes Brautauto mit üppigem Blumengebinde und fröhlich scheppernden Blechdosen, rote und weiße Herzluftballons vor dem Ursberger Rathaus, wo festlich gekleidete Menschen das Brautpaar erwarten. Eine strahlende Braut und ein feierlich-ernst dreinblickender Bräutigam auf dem Weg zum Standesamt. Das wäre alles nicht weiter ungewöhnlich, zählte nicht Bräutigam Josef bereits 76 und seine Braut Anni 72 Jahre. Dass der Bräutigam zukünftig den Nachnamen seiner Frau tragen wird – geschenkt. Passiert öfter. Dass beide aber langjährige Bewohner des Dominikus-Ringeisen-Werk (DRW) sind die hier den Bund fürs Leben eingehen, ist nicht nur für den Standesbeamten Michael Prösel, sondern auch für das DRW ein Novum. Das frischgebackene Ehepaar erzählt in Anni Zachers Wohngruppe Petrus vom schönsten Tag ihres Lebens.
Josef Zacher bekommt ganz glänzende Augen, als er gemeinsam mit seiner Ehefrau den Hochzeitstag am 2. August 2024 noch einmal Revue passieren lässt. Fast fallen sich die frischgebackenen Eheleute gegenseitig ins Wort, als sie an all das Schöne und Aufregende denken, das diesen Tag so besonders gemacht hat. Wie
das Brautauto einen Teil der angehängten Dosen auf dem Weg zum Rathaus verloren hat oder wie die Memmenhauser Blasmusik so herrlich aufgespielt hat.
„Ich hab sie einfach trotzdem geküsst“
Die Gäste vor dem Rathaus waren so festlich gekleidet und feierlich gestimmt. Da machte es auch gar nichts, dass der Standesbeamte nach Beider Ja-Wort vergessen hat zu sagen, „Sie dürfen die Braut jetzt küssen“, wie Josef Zacher erzählt. „Ich hab sie einfach trotzdem geküsst“, lacht er. „Und wie schön die Anni war“, fällt es Josef Zacher noch ein, „da haben wir alle geweint als wir sie gesehen haben.“ Wie zum Beweis steht Anni Zacher auf und holt das zartblaue Festtagsdirndl aus dem Schrank, weist auf die glänzenden Perlen und Samtborten hin, die das Miederteil schmücken und holt auch noch die Bluse dazu, damit sich der Besucher auch wirklich einen richtigen Eindruck machen kann. „Ich wollte die Anni heiraten, weil sie so ein guter Mensch ist und weil ich sie nicht verlieren will“, gesteht Josef Zacher und erzählt von der Krebserkrankung und den Operationen seiner Frau im letzten Jahr. Inzwischen ist alles gut überstanden, aber die Krankheit war für ihn Grund genug, sich ein Herz zu fassen und um Annis Hand anzuhalten.
„Mit ihm gibt es immer was zu lachen“
Kennengelernt haben sich die beiden vor 26 Jahren bei der Arbeit in den Werkstätten des DRW. „Hätten wir gleich geheiratet, könnten wir jetzt schon Silberhochzeit feiern“, erzählt Josef Zacher und lächelt seine Frau an, die er liebevoll „mein Engel“ nennt. Dass sie nicht zusammen in einer gemeinsamen Wohnung leben werden, „weil die Anni sonst Heimweh nach ihrer Wohngruppe bekommt“, nimmt Josef Zacher als verständnisvoller Ehemann liebevoll hin. So bleibt er in seiner Wohngruppe Ulrich und Anni Zacher nur wenige hundert Meter weiter in der Wohngruppe Petrus. Was Anni Zacher an ihrem Mann besonders schätzt, kann sie sofort benennen: „Er kann so wunderbar läppisch sein. Mit ihm gibt es immer was zu lachen.“