Ursberg/Thannhausen / 15. Oktober 2024 – Können 500 Schaschlikspieße den beruflichen Durchbruch bringen? Denise Schnelle beantwortet diese Frage mit einem klaren: „Ja!“ Als ehemalige Mitarbeiterin einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) im Dominikus-Ringeisen-Werk (DRW) in Ursberg ist es ihr gelungen, in der Thannhausener Metzgerei Leberl eine Festanstellung zu bekommen. Ein vierwöchiges Praktikum und vier Jahre Tätigkeit im selben Betrieb gingen dieser erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt voraus. In dieser Zeit hatte Denise zunächst einen „ausgelagerten Arbeitsplatz“ zu den Konditionen der WfbM. Für Denise hat sich damit ein großer Traum erfüllt: „Die Arbeit bringt mir finanzielle Unabhängigkeit und Freiheit. Ich bin Teil eines Teams. Ich gehöre dazu und ich bin wichtig.“
Maria Walker, Filialleiterin der Metzgerei im Zentrum von Thannhausen, hat den Weg von Denise von Anfang an miterlebt. Sie war eng in ihre Einarbeitung eingebunden: „Anfangs hat Denise lediglich Ware aufgefüllt, Kleingeld von der Bank geholt oder kleinere Reinigungsarbeiten erledigt. Aber auch das war schon eine Entlastung für uns.“ Nach und nach kamen weitere Aufgabenbereiche dazu. Ganz wichtig, damit die Kunden schnell zu ihrer gewünschten Ware kommen, ist es, das Sortiment im Schlaf zu beherrschen: Denise weiß mittlerweile, einen bayerischen Leberkäs von einem Kalbskäs oder einem Pizzaleberkäs zu unterscheiden.
Schaschlik verfolgte sie bis in die Träume
Ebenso kennt sie die unterschiedlichen Methoden, Schinken- oder Salamisorten zu schneiden und entsprechend zu präsentieren. Inzwischen ist Denise Schnelle mit der Arbeit hinter der Imbisstheke, wo jeden Tag bis zu 150 Mahlzeiten serviert werden, ebenso vertraut wie mit den Tätigkeiten in der Küche: Schnitzel panieren, Steaks marinieren, Salat zubereiten oder 50 Kilo Spätzleteig machen und hobeln gehören zu ihren regelmäßigen Aufgaben. An „Schaschliktagen“ bis zu 500 Spieße mit Fleisch, Gürkchen, Paprika und Zwiebel zu bestücken ist eine Herausforderung, die sie schon bis in den Schlaf verfolgt hat. „Da sind mir im Traum die fertigen Spieße hinterhergelaufen“, lacht sie und fügt selbstbewusst hinzu: „Hier kann ich zeigen, dass Menschen mit einer Lernbehinderung auch einen Platz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden können. Manches musste man mir vielleicht einmal mehr erklären, aber ich wachse an meinen Aufgaben.“
Ziel: Festanstellung
Einen maßgeblichen Einfluss auf diesen erfolgreichen beruflichen Werdegang hatte auch Julia Ruf vom sozialpädagogischen Fachdienst der WfbM, die Denise Schnelle als Integrationsbegleitung zur Seite stand. Sie hat Denise bereits während der Zeit begleitet, in der ihre Tätigkeit bei Leberl noch im Rahmen des ausgelagerten Arbeitsplatzes stattfand. Die Beschäftigten behalten hier ihren Werkstattstatus. Die Integrationsbegleitung der WfbM bietet den Firmen des ersten Arbeitsmarkts sowie den Beschäftigten fachliche und bedarfsorientierte Unterstützung und Begleitung vor Ort. Die Tätigkeitsfelder sind breit gefächert und reichen vom Dienstleistungs-, Pflege- und Servicebereich bis hin zu Hausmeistertätigkeiten und der Autoaufbereitung.
Wenn alle gewinnen
Hat sich ein Beschäftigter im Rahmen eines ausgelagerten Arbeitsplatzes bewährt, ist das Ziel eine reguläre Festanstellung nach Tarifvertrag oder dem gesetzlichen Mindestlohn. „Natürlich ist das Engagement und die Leistungsbereitschaft unserer Klienten eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Eingliederung“, berichtet Begleiterin Julia Ruf. „Genauso braucht es aber auch Arbeitgeber, die unvoreingenommen auf diese Menschen zugehen und ihnen eine Chance geben. Das war hier der Fall und deshalb haben alle dabei gewonnen.“