Ursberg / 5. November 2024 – Der Direktor für Sozial- und Veteranenpolitik aus Kyjiw (Kiew) Ruslan Valentynovych Svitly war zu Gast im Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg. Der Aufenthalt war Teil einer mehrtägigen Rundfahrt in Bayern, bei der weitere Einrichtungen für Menschen mit Behinderung besucht wurden. Auf dem Programm stand unter anderem ein Treffen im Haus Dominikus, in dem seit April 2022 Kinder und Jugendliche mit Behinderung aus Krywyj Rih in der Ost-Ukraine leben, die vor dem Krieg geflohen waren und hier Aufnahme fanden.
Ruslan Svitly informierte über die Pläne der Ukraine, ein System zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung nach dem Vorbild des deutschen Modells der Eingliederungshilfe zu etablieren. Dabei werde der Staat als Leistungs- und Kostenträger agieren und freie, private Träger mit der Versorgung, Betreuung und Förderung von Menschen mit Behinderung beauftragen. Diese Dienstleister sollten eine angemessene Vergütung erhalten, während der Staat die Fachaufsicht ausübe. Entsprechende Pläne habe es bereits vor Kriegsbeginn gegeben. Jetzt wolle man sich auf den Wiederaufbau nach dem Krieg vorbereiten, so Svitly. Besonders beeindruckt zeigte sich der Politiker aus der Ukraine von der Haltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Dominikus-Ringeisen-Werks. „Für mich wird hier sichtbar, dass jedes Leben als wertvoll und kostbar angesehen wird – eine Sichtweise, die für den Aufbau eines effektiven Versorgungssystems in der Ukraine von großer Bedeutung ist“, sagte Ruslan Svitly bei seinem Besuch. Wolfgang Tyrychter, Vorstandsmitglied des Dominikus-Ringeisen-Werks und zuständig für „Teilhabe und Assistenz“, betonte die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit ukrainischen Behörden: „Wir bieten unsere Unterstützung beispielsweise bei der Qualifikation von Fachpersonal an“, so Tyrychter. Dies könnte unter anderem im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) oder eines Weltfreiwilligendienstes für Ukrainerinnen und Ukrainer geschehen.
Im Haus Dominikus berichtete die ukrainische Einrichtungsleiterin Victoria Putina von der positiven Entwicklung der 78 Bewohnerinnen und Bewohner, die sich gut in Ursberg eingelebt haben. 15 Kinder besuchen mittlerweile die Ursberger Dominikus-Schule, vier junge Erwachsene konnten einen Arbeitsplatz in den Dominikus-Ringeisen-Werkstätten bekommen. In den Gesprächen mit Ruslan Svitly wurde deutlich, dass eine baldige Rückkehr in die Ukraine derzeit nicht absehbar ist. Im Gegenteil: Es sei zu befürchten, dass weitere Menschen, darunter solche mit Behinderung, zur Flucht ins Ausland gezwungen sein würden, so Svitly. „Wir rechnen damit, dass der Krieg noch lange dauern wird.“ Die Lage in seinem Heimatland sei weiterhin sehr angespannt und herausfordernd. Man müsse mit einem harten Winter rechnen, so Svitly. Besonders stark davon betroffen seien die Schwächsten, deren Versorgung und Schutz unter den aktuellen Bedingungen eine besondere Herausforderung darstelle.