Ursberg/ 06. Oktober 2024 – Elf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle registrierte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft alleine im Jahr 2020 in Deutschland. Davon fielen 0,2 Millionen (2%) bei der Primärproduktion an, 0,8 Millionen im Handel (7%), 1,6 Millionen (15%) bei der Verarbeitung und 1,9 Millionen in der Außer-Haus-Verpflegung (17%). Bei der Lebensmittelverschwendung mit weitem Abstand führend sind allerdings die privaten Haushalte. Hier wurden 6,5 Millionen Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen. Das sind 59 Prozent. Wenn es aber schon in Familien mit einer überschaubaren Anzahl an Mitgliedern oft genug schwerfällt, den Konsum von Lebensmitteln so effektiv wie möglich abzustimmen, wie muss es da erst einer Großküche wie der Zentralküche des Dominikus-Ringeisen-Werks in Ursberg ergehen?
3.000 Mahlzeiten täglich
2.000 Mittagsmahlzeiten liefert allein die Zentralküche „Ursberger Kulinarik“ des Dominikus-Ringeisen-Werks (DRW) mit ihren 35 Mitarbeitern täglich aus. Beliefert werden Wohngruppen in Ursberg und der näheren Umgebung sowie Kantinen der Ursberger Förderzentren und der Werkstätten für behinderte Menschen. Hinzu kommen täglich etwa 1.000 Abendessen. Die Zahlen schwanken in Ferienzeiten und an Wochenenden. Das Abfallaufkommen beginnt natürlich schon bei der Speisenzubereitung, beispielsweise beim Kartoffelschälen. Die Schalen werden in der Klostergärtnerei Ursberg kompostiert und so wieder in einen ökologischen Kreislauf eingebracht.
Wie Speisereste vermieden werden
Schwieriger ist es beim Rücklauf von Speiseresten. Sie sind nicht mehr weiterverwertbar und es hilft nur, diese wenn irgend möglich ganz zu vermeiden. Als das Essen in der Zentralküche bis vor einigen Jahren noch fertiggekocht und ausgeliefert wurde, gab es hiervon noch erheblich mehr. Heute setzt die Zentralküche auf einen ausgeklügelten, bedarfsoptimierten und digitalen Produktionsablauf, um so effizient wie möglich Essen herzustellen. Außerdem verarbeiten die Köche konsequent saisonale Produkte. Sogenannte „krumme Dinger“, also Gurken, Radieschen, Kartoffeln und anderes Gemüse, das nicht der verkaufsfähigen Norm entspricht, werden in der Zentralküche ebenso verwertet und so vor der Entsorgung bewahrt.
Einsparungen von mehr als einem Drittel
Der Erfolg lässt sich an den Zahlen ablesen: Gut 50 000 Liter, also etwa 50 Tonnen weniger Lebensmittelabfall pro Jahr kommen alleine am DRW-Standort Ursberg zusammen. In der Mahlzeitenzubereitung der Zentralküche inklusive Café Kostbar in Ursberg und Lehrküche des Berufsbildungswerks wurde das Abfallaufkommen seit 2021 damit um mehr als ein Drittel reduziert: Von durchschnittlich 156.000 Litern vor 2021 zu im Mittel 102.000 Litern jährlich. Dabei sind sogar Stärke- und Fettabfälle miteinberechnet. Diese waren in den Jahren davor noch gesondert gelistet und entsorgt worden. Wie ist diese enorme Abfallminderung möglich geworden?
Auf den Geschmack gekommen
Alles beginnt beim einzelnen Kunden. Statt nur eines kompletten Menüs wie früher können jetzt ganz bedarfs- und geschmacksgerecht lediglich nur einzelne Komponenten aus dem Speiseplan geordert werden. Sind beispielsweise in einer Wohngemeinschaft mit zehn Personen Fleischfans, Gemüseverächter und Salatfreunde in unterschiedlicher Anzahl um den Tisch versammelt, macht es keinen Sinn, zehnmal das komplette Menü zu bestellen. Die Kunden können stattdessen ihre Menüs samt Mengenangaben auf einer Internetseite der Zentralküche festlegen. So wird die Überproduktion beträchtlich reduziert.
Speisenrücklauf vermeiden
Hinzu kommt die Umstellung der Produktionsart. Christine Goßner, Leiterin der Zentralküche, erklärt: „Wir arbeiten seit Dezember 2020 mit dem ‚Cook and Chill-System‘, zu Deutsch ‚Kochen und Kühlen‘." Hierbei werden die Speisen in der Küche so vorbereitet, dass sie erst in den Einrichtungen verzehrfertig zubereitet werden. Das ist ein maßgeschneidertes Konzept der Speisenzubereitung für Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen. Hauptvorteile dabei sind neben einer nährstoff- und vitaminerhaltenden Zubereitung die hohen hygienischen Standards sowie eine beachtliche Einsparung an Energiekosten.“
Trotzdem noch Luft nach oben
Zufrieden sind die Verantwortlichen der Zentralküche damit aber noch lange nicht. Küchenleiter Stephan Stübing sieht das Einsparungspotential noch ausbaufähig: „Wir sehen noch Optimierungsbedarf bei den Schul- und Werkstattkantinen, zum einen am Angebot im Speiseplan und zum anderen in der Schulung der Mitarbeiter vor Ort, die bereits bei der Bestellung die Vorlieben der Esser berücksichtigen können.“ Denn ein wichtiger Grundsatz bei der Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bleibe: „Was nicht gebraucht wird, sollte nicht bestellt und damit auch nicht produziert werden.“ So müsse es schließlich auch nicht weggeworfen werden. Der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende des DRW Michael Winter unterstreicht diese Einstellung zur Nachhaltigkeit: „Wir gehen Schritt für Schritt weiter in eine nachhaltigere Zukunft. Als große soziale Einrichtung sehen wir eine starke Verpflichtung, uns der gesellschaftlichen Frage des fairen Ressourceneinsatzes zu stellen.“